L’article suivant est un résumé de la conférence tenue par Renato Pichler lors de la Veggie-Pride à Genève en mai 2013..
Abolitionisten fordern die Abschaffung jeglicher Tierausbeutung. Und zwar ohne Zwischenschritte wie z.B. die vegetarische Ernährung mit Milchprodukten oder bessere Haltungsbedingungen für die Nutztiere.
Dass es höchste Zeit ist, die Sklaverei der Tiere durch die Menschen schnellstens zu beenden, ist offensichtlich. Nicht nur wegen dem Leid der Tiere, sondern auch wegen der Umwelt und der Gesundheit der Menschen ist ein Umdenken in der Ernährung unumgänglich. Bringen uns Abolitionisten schneller ans Ziel?
Abolitionisten (= Abschaffer) nannte man früher diejenigen, die sich für die totale Abschaffung der Sklaverei einsetzten.
Heute bezeichnen sich viele Tierrechtler als Abolitionisten, weil sie damit ausdrücken wollen, dass sie das Tierleid (z.B. in Käfigen, Ställen und Schlachthöfen) nicht bloss verringern, sondern ganz abschaffen wollen. Sie treten deshalb auch nicht für einen geringeren Fleischkonsum und auch nicht für die vegetarische Ernährung, sondern ausschliesslich für die kompromisslose vegane Lebensweise ein.
Spaltung der Gesellschaft
Weshalb muss man sich noch immer rechtfertigen, weil man keine Tiere essen will? Niemand muss erklären, weshalb er Bioprodukte kauft oder Kinderarbeit ablehnt, aber für den ethisch begründeten Verzicht auf tierische Produkte wird eine Erklärung verlangt. Offensichtlich ist der Tierrechtsgedanke noch nicht in der breiten Gesellschaft angelangt.
Wir leben heute in einer Zeit, in der sich die Gesellschaft immer mehr aufteilt: Auf der einen Seite stehen diejenigen, für die es selbstverständlich ist, dass man Tiere nicht quälen und töten darf, auf der anderen Seite diejenigen, die sich über die Folgen ihres Handelns keine Gedanken machen wollen. Da die Mehrheit zur zweiten Gruppe gehört, sind wir mit der absurden Situation konfrontiert, dass nicht nur die Ablehnung von Tierquälerei erklärungsbedürftig ist, sondern dass oft auch diejenigen, die Tierleben als wichtiger beurteilen als fragwürdige Gaumenfreuden, als Aussenseiter oder sogar als Extremisten gelten.
Wenn man sich mit veganer Ernährung befasst, merkt man schnell, dass diese in allen Lebensbereichen Vorteile bietet: Sei es beim Tierwohl, bei sozialer Gerechtigkeit, für die Umwelt oder die Gesundheit.
Fleischesser sind in der Regel viel weniger informiert über die Folgen ihres Handelns. Sie können deshalb die Beweggründe der Vegetarier/Veganer kaum nachvollziehen und sehen darin bloss eine extreme Lebensweise für wenige Aussenseiter.
Wie lässt sich diese Kluft in der Wahrnehmung überbrücken? Wie kann man am schnellsten erreichen, dass die Tiere generell als leidensfähige Wesen wahrgenommen und entsprechend behandelt werden?
Der richtige Weg
Wir sind uns alle einig, dass es höchste Zeit ist, das Los der Tiere (und Menschen) zu verbessern. Wir wissen auch, dass wir uns Umwege und Sackgassen nicht mehr leisten können. Weniger Übereinstimmung besteht allerdings über den Weg, der am schnellsten zum Ziel führt. Seit 20 Jahren lebe ich vegan und setze mich dafür ein, dass diese Lebensweise bekannter und akzeptierter wird. Ich habe in diesen zwei Jahrzehnten viele Menschen und Organisationen kommen und gehen gesehen, die dasselbe auf ihre Art versucht haben. Zu Beginn herrschte bei allen grosser Optimismus und die Zuversicht, in wenigen Monaten die Welt verändern zu können, was nicht selten mit einer etwas abschätzigen Haltung gegenüber den schon länger auf diesem Gebiet tätigen Organisationen einherging. Dies ist durchaus verständlich, denn wem geht die Befreiung der Tiere aus der Sklaverei der Menschen nicht zu langsam?
Was ist also der beste Weg, um am meisten für die Tiere zu erreichen?
Abgrenzungen
Viele der Abolitionisten grenzen sich von anderen Aktivisten ab und verurteilen deren Bemühungen um ein besseres Los der sogenannten «Nutztiere» als Zustimmung zur andauernden Versklavung. In Vegetariern sehen sie Tierquäler, da sie nicht den Konsum aller tierischen Produkte aufgeben.
«Tierschutz» wird als Verrat an den Tieren abgelehnt, weil er deren Ausbeutung nicht grundsätzlich in Frage stellt, sondern sich zunächst auch auf eine Verbesserung der Lebensbedingungen konzentriert.
Zwar sind sich die meisten Tierschützer / Vegetarier / Veganer / Tierrechtler / Abolitionisten darüber einig, dass Tiere nicht als Besitzobjekte der Menschen behandelt werden dürfen und ein eigenes Recht auf Leben haben, jedoch wird allen aktiv im Tierschutzbereich Tätigen schnell bewusst, dass die «Reinheit der Lehre» nicht gleich hundertprozentig umsetzbar ist.
Die Tiere brauchen eine von Vegetariern, Veganern und Tierrechtlern getragene Lobbygruppe, die stark genug ist für grundlegende Veränderungen in Gesellschaft und Politik. Jede Zersplitterung schwächt die Bewegung, schadet Tieren und erfreut die Fleischindustrie, die nur durch entschlossenen und professionell organisierten Widerstand gebremst werden kann.
Weg mit Zwischenetappen?
Wir alle haben ein gemeinsames Ziel, nämlich ein Ende des Tierleids, aber wie erreichen wir es am besten?
Wichtig ist zu unterscheiden, was das Ziel ist und was der Weg dorthin. Niemand wird es verurteilen, wenn die Anzahl Vergewaltigungen in einem Land halbiert wird. Obwohl kaum jemand dies als Ziel anstrebt. Das Ziel bleibt auch hier: Es darf künftig gar keine Vergewaltigungen mehr geben. Wenn ein Ziel nicht sofort erreicht werden kann, muss man jedoch versuchen, sich dem Ziel von Tag zu Tag anzunähern. Zwischenergebnisse als verwerflich abzulehnen, mag philosophisch gerechtfertigt sein, schadet jedoch dem Ziel.
Hätten die Frauenrechtlerinnen alle Zwischenschritte abgelehnt, weil nur die vollständige Gleichberechtigung von Frau und Mann das Ziel sein kann, gäbe es auch heute noch nicht einmal das Stimmrecht für Frauen. Die Forderung «Alles oder nichts» blockiert den Fortschritt, der am besten durch beharrliche Aufklärung, pragmatische Initiativen und in Etappen zu erreichen ist. Zwischenetappen sind auch aus psychologischer Sicht oft notwendig.
Wenn man von jemandem fordert, dass er ab sofort für den Rest seines Lebens nur noch vegane, biologische, saisonale Fair-trade-Produkte zu sich nehmen darf, ist die Gefahr gross, dass die Person sich überhaupt nicht ändert, weil sie sich überfordert fühlt oder diese Forderung schlicht für zu extrem hält. Zeigt man ihr aber schrittweise auf, wie sie ihren Lebensstil verbessern kann, und unterstützt sie in jedem Schritt, hat man meist wesentlich mehr Erfolg.
Selbst bei der Abschaffung der Sklaverei gab es Zwischenschritte: Manche setzten sich zuerst gegen die Jagd auf Sklaven in Afrika ein, andere gegen den Sklavenhandel und wieder andere gegen den Sklavenbesitz.
Alles zusammen führte dann (mit zusätzlichen wirtschaftlichen Argumenten) dazu, dass die Sklaverei in den meisten Ländern heute offiziell nicht mehr erlaubt ist. Auch dies ist ein Erfolg, selbst wenn man eingestehen muss, dass es selbst mitten in Europa auch heute noch (Sex-) Sklaven gibt und somit das Endziel leider noch nicht erreicht wurde.
Es stellt sich auch die Frage der Effizienz: Was bringt den Tieren mehr? Wenn wir eine einzige Person vom Fleischesser zum konsequenten Bio-Veganer machen oder wenn wir in derselben Zeit mit derselben Energie 100 Fleischessern zu einer mehrheitlich pflanzenbasierten vegetarischen Ernährung verhelfen.
Weniger Fleisch?
Die blosse Verringerung des Fleischkonsums kann kein Ziel von Tierrechtlern sein, da man damit das Töten der Tiere zur Befriedigung des eigenen Gaumens weiterhin gutheisst.
Wenn jedoch eine Kantine einen vegetarischen Wochentag einführt und dadurch Hunderte fleischlose Gerichte jede Woche zusätzlich verkauft, ist dies aus mehreren Gründen ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung:
Erstens werden die Kantinenbesucher auf den Geschmack der vegetarischen Küche gebracht.
Zweitens können dabei die Köche Erfahrungen in der schmackhaften vegetarischen Küche sammeln. Diese Erfahrungen können dann auch beim Menüangebot an den anderen Wochentagen einfliessen.
Ausserdem bietet ein solcher vegetarischer Tag auch vielen Gästen die Gelegenheit, mögliche Berührungsängste mit weniger vertrauten Gerichten zu überwinden, sich für diese Art der Ernährung zu interessieren, mit anderen darüber zu reden und vielleicht sogar den Konsum aller tierischen Produkte für sich zu hinterfragen. Deshalb engagieren wir uns für den Vegi-Tag: dem fleischfreien Donnerstag für ganze Städte.
Eine Kampagne, die nur allgemein dazu auffordert, weniger Fleisch zu konsumieren, ist jedoch in mehrfacher Hinsicht nicht zielführend:
Erstens sieht sich kaum eine Person selbst als «Vielfleischesser». Somit wird mit solch einer Kampagne niemand angesprochen, da ja alle schon immer «wenig Fleisch» gegessen haben.
Zweitens ist die Aufforderung zu wenig konkret. Was heisst «wenig Fleisch»? Das Zwischenziel muss immer klar formuliert werden.
Ähnlich wirkungsvoll ist auch, wenn man eine Umstellung erstmal zeitlich beschränkt. Zum Beispiel nur 30 Tage vegetarisch oder vegan leben und dann entscheiden, wie man sich künftig ernähren möchte. So wird einem der Druck genommen, sofort einen Entscheid für den Rest seines Lebens treffen zu müssen. Wie bei Attila Hildmann's erfolgreichen 30-Tage-Challenge.
Ansichtssache
Viele Abolitionisten sehen in Vegetariern Personen, die Milch und Eier konsumieren und nicht Personen, die kein Fleisch essen (was die korrekte Definition von Vegetarismus wäre). Sie konzentrieren sich auch hier auf das Negative und merken nicht, dass sie auch als Veganer zu den Vegetariern gehören, da auch Veganer kein Fleisch konsumieren.
Es ist gut, wenn man kritisch ist und immer versucht, sich weiter zu verbessern. Wenn man Kritik jedoch nutzt, um sich selbst über andere zu stellen und Zwischenziele zu kritisieren, bringt dies keinem Tier etwas.
Zum Beispiel kann ein vegetarischer Wochentag in einer Kantine dazu führen, dass erstmals über die Nachteile des Fleischkonsums diskutiert wird. Dies hat dann auch Auswirkungen auf den Fleischkonsum in den restlichen 6 Tagen. Und wenn man die Gründe für den Verzicht auf Fleisch weiter ergründet, kommt man eventuell auch darauf, den Konsum der anderen tierischen Produkte zu hinterfragen.
Wenn es um das Los der Tiere geht, gibt es genug Negatives, das man mit ansehen muss. Versuchen wir deshalb wenigstens in unserer Arbeit und der Arbeit anderer das Positive zu sehen und jede Initiative zu unterstützen, die in die richtige Richtung geht.
Zusammenfassung
Wir müssen unsere Kräfte bündeln, denn nur eine starke und geeinte Bewegung kann wesentliche Veränderungen in der Mensch-Tier-Beziehung erreichen.
Zwischenschritte zum Ziel sind nicht nur sinnvoll, sondern auch unumgänglich.
Durch beharrliche Information über die Praktiken der Nutztierhaltung wird das schreckliche Los von Tieren ins öffentliche Interesse gerückt.
Wenn Kampagnen erfolgreich sind, hat man zudem das Leid der betroffenen Tiere lindern können. Gleichzeitig steigen in der Regel die Preise für die Produktion, was wiederum den Konsum bremst.
In diesem Sinne und zum Wohle der Tiere hoffe ich auf mehr Zusammenarbeit, denn die Tiere brauchen uns – jetzt.
Werdet aktiv, schliesst Euch einer grösseren Organisation an und engagiert Euch!
Renato Pichler
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Helmut Kaplan: Wenig Raum für Tierrechte.
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