Der grösste Teil des in der Schweiz konsumierten Fleisches stammt von Schweinen. Dennoch bekommt man als Konsument nur selten ein lebendes Schwein zu Gesicht. Wie es in den Schweineställen aussieht, ist den Fleischessern kaum bekannt.
Bis 2011 arbeitete Thomas Giger als Kantonstierarzt des ländlichen Kantons St. Gallen. Seine Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass das Tierschutzgesetz in allen Ställen eingehalten wird. Durch die fehlende Unterstützung seiner Vorgesetzten und anderer Behörden war es ihm jedoch unmöglich, seiner Arbeit pflichtbewusst nachzukommen.
Dieser unhaltbare Zustand brachte ihn dazu, öffentlich zu sagen, wie die Zustände in vielen Schweizer Schweineställen sind:
«Mindestens 50 Prozent der Schweinezüchter verstossen gegen das Tierschutzgesetz. Sie geben den Schweinen kein oder nur ungenügend Langstroh»
(aus: Beobachter 20/07 vom 28. Sept. 2007).
Er schätzt, wenn man die Betriebe, welche zusätzliche Subventionen für ökologische Leistungen erhalten, nicht mitzählt, es sogar 80 bis 90 Prozent aller Schweinehalter betrifft. Mit dieser Meinung steht er nicht alleine da.
Ist ein Hund mehr Wert als ein Schwein?
Mutterschweine benötigen Stroh, um ihr Nest bauen zu können. Doch stattdessen müssen sie mit ihren Ferkeln oft auf einer Betonunterlage liegen und können ihr natürliches Verhalten nicht ausleben. Langstroh würde eine zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeit für die intelligenten Tiere bieten. Schliesslich sind Schweine mindestens so intelligent wie Hunde, würde man aber einen Hund so behandeln, wie die Schweine meist behandelt werden, würde man sich zu Recht empören und auf das Tierschutzgesetz hinweisen. Die Schweine haben leider das Pech, dass man sie bloss als «Nutztiere» betrachtet und sie somit keinen eigenen Wert, ausser dem ihres Körpergewichtes, haben.
Es bleibt zu hoffen, dass Kantonstierarzt Giger und seine Amtskollegen auch künftig den Mut haben, öffentlich auszusprechen, was ihre Vorgesetzten zu vertuschen versuchen. Obwohl Herr Giger vom Schweineproduzentenverband Suisseporcs dazu aufgefordert wurde, öffentlich seine Aussage zurückzunehmen, hat er dies nicht getan, da er weiterhin zur Wahrheit steht.
Den Schweinen hat es bisher leider nichts genützt, weil sie sich weiterhin vielerorts ihr ganzes Leben lang mit einem kahlen Betonboden begnügen müssen. Möglich machen dies die Politiker, die mehr auf die Wirtschaftsverbände (Suisseporcs) als auf die Bedürfnisse der Tiere achten, und die Konsumenten, die das so produzierte Fleisch gedankenlos kaufen.
- Thomas Grether: «Züchter nehmens nicht so genau», Beobachter 20/07
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- Thomas Grether: «Schweinezucht: Wo bleibt die artgerechte Haltung?», Beobachter 25/07
- Vertuschung der Wahrheit hat bei Schweinemästern System: So konnte im Vegi-Info 2007-4 auf Seite 16 nachgelesen werden, dass bis ein TV-Spot, der die Wahrheit über die Schweizer Schweineställe aufzeigen wollte, zensuriert wird. Erst viele jahre später und nach einem Bundesgerichtsurteil war die SRF bereit den bezahlten (!) Spot zu zeigen.
- Kantonstierärzte stossen an ihre Grenzen, 20Minuten, 13. August 2017
- Gewaltbereite Bauern bei Tierschutzkontrollen, Infosperber 4.9.2017