Wie aus einer Leidenschaft ein Erfolgsmodell wird, zeigt Natural Food in Lugano. Als erste vegane Pizzeria der Schweiz bietet Rinaldo nicht nur Pizzas und Wein an, sondern informiert auch mit einer Lese-Ecke mit Literatur über vegane Ernährung.
Wie entstand die Idee, in Lugano ein veganes Lokal zu eröffnen?
Dank der Begeisterung für die Pflanzenwelt. Während meines Studiums hatte ich mein Wissen über alle Lebewesen vertieft. So entstand ein Bewusstsein, dass auch ich Teil dieser Lebewesen bin und dass ich ohne sie nichts wäre.
Du legst viel Wert auf Taten. Siehst du dich als Aktivist oder Revolutionär?
Ich bin aktiv geworden durch traumatisierende Erfahrungen, die mir gezeigt haben, dass bei gewissen Konsumenten, die sich überhaupt nicht um die Ressourcen des Planeten sorgen, ein grosses Desinteresse bis hin zur Gleichgültigkeit besteht. Es geht mir schlussendlich darum, Aktivitäten zu organisieren, mit denen man Menschen vereinen kann: Als erste Person ein Projekt zu beginnen, ohne es allein durchziehen zu wollen, also Freunden, Kindern, Tieren ein Signal zu geben, damit sie deine Wahl sehen und auch die Richtung wahrnehmen, die damit angestrebt wird.
Ist es ein Bedürfnis, deine Wahl mit anderen zu teilen?
Ja, denn ich bin überzeugt, dass alle Menschen als gute Wesen geboren werden. Niemand ist von Geburt an böse. Wir haben alle dieselben inneren Werte, die wir zum Leben brauchen. Es geht zum Beispiel darum, in Frieden mit dem Tierreich zu bleiben. Ich habe während des Studiums angefangen, vegetarisch zu essen. Damals war das eine echte Herausforderung.
Wann habt ihr die erste Take Away Pizzeria der Schweiz in Lugano eröffnet?
Die Eröffnung war 2013. Wir wollten damit der Bevölkerung von Lugano neue Mittel zur Verfügung stellen und all jenen, die beschlossen hatten, nicht mehr am System der Tierausbeutung teilzuhaben, ihre Wahl auch öffentlich etwas einfacher machen.
Wie kam dieses gastronomische Konzept bei der Bevölkerung an seit der Eröffnung bis heute?
Wir waren überrascht, als wir nach nur 6 Monaten ein anderes Lokal suchen mussten, da das erste zu klein geworden war. Die nicht vegane Kundschaft hatte in dieser kurzen Zeit unser Angebot entdeckt und kam regelmässig. Da haben wir unser Konzept überarbeitet. Öffnung bedeutet auch in der Gastronomie Akzeptanz, Respekt und Miteinander, um die Bedürfnisse der anderen verstehen zu lernen. Seit der Eröffnung von Natural Food bis zum jetzigen Zeitpunkt ist unser Unternehmen stark gewachsen. Wir bauen unser Angebot laufend aus, um den Bedürfnissen von ungefähr 3500 bis 4000 vegan interessierten Menschen im Kanton Tessin gerecht zu werden.
Habt ihr noch weitere Projekte?
Ja, wir haben zum Beispiel seit einiger Zeit eine sehr interessante Zusammenarbeit mit den Schulen Luganos. Wir unterstützen den vegetarischen Dienstag für Dozierende, Studenten, Lehrer und Schüler. Jeden Dienstag bieten wir den Schulen eine vegane Lunchbox. Die Nachfrage hat sich bereits stark erhöht, weshalb wir unser Angebot nun auch auf andere öffentlichen Strukturen ausgedehnt haben. So gibt es bei uns z. B. auch vegane Desserts. Unsere Gerichte variieren saisonal: Pizzas im Herbst werden z. B. mit Kürbis garniert.
Ihr habt auch veganen Wein im Angebot?
In Mendrisio haben wir einen Winzer entdeckt, der einen natürlichen, lokalen Wein herstellt, das heisst aus lokalen Rebsorten, die keine Pestizide brauchen. Es ist ein naturbelassener Wein, der in seiner Produktion ganz ohne Farbstoffe und tierische Hilfsstoffe auskommt. Es ist durchaus möglich, einen erstklassigen veganen Wein zu machen!
Welches sind eure Werte? Lebt ihr sie in eurem Unternehmen? Verkauft ihr sie?
Unsere anfängliche Idee war: Ego Eco. Man kann sein Leben egozentrisch oder ökologisch gestalten. Die Vision unseres Unternehmens war es, unseren Betrieb mit dem aufzubauen, was andere weggeworfen hatten. So haben wir z. B. unseren Ofen aus zweiter Hand, der ökologisch konzipiert ist. Wir wollten nach dem Prinzip arbeiten, so wenig wie möglich wegzuwerfen. Unsere Kundschaft soll beim Eintreten in unser Lokal spüren, dass hier Menschen arbeiten, die sich ganz mit ihrer Arbeit identifieren können.
Deine Visionen für die Zukunft?
Erfahrungen teilen: im Dialog, beim Essen. Sich auch mit denjenigen konfrontieren, die eine ganz andere Weltanschauung haben.