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Was steckt in Kosmetik drin?

Bewusste Konsumenten sind es sich gewohnt, beim Einkauf von Lebensmitteln die Zutatenlisten zu studieren. Doch wie funktioniert das bei Kosmetikprodukten? Wer hier auf ethisch vertretbare Varianten zurückgreifen möchte, hat es nicht leicht.

Tierische Bestandteile in Kosmetikprodukten

Schlachtnebenprodukte werden nicht nur gerne in Lebensmitteln entsorgt, sondern finden auch in Kosmetikprodukten einen neuen Verwendungszweck. Das Problem: Diese tierischen Bestandteile sind für den Laien beim Lesen der Zusammensetzung kaum erkennbar. Um Kunden nicht abzuschrecken, vermeiden die Hersteller eindeutige Angaben wie beispielsweise «hydrolyzed animal protein» und verwenden stattdessen «hydrolyzed collagen». Das ist einfach für die Firmen, aber frustrierend für den Konsumenten, der als Laie mit den Fachausdrücken oftmals überfordert und dadurch verunsichert ist. Claudia Rindler ist Inhaberin der Seifen Oper in Winterthur. In ihrem Laden werden nur vegane Kosmetikprodukte verkauft, die sie auch selber herstellt. Als gelernte Maskenbildnerin weiss sie darüber Bescheid, welche tierischen Inhaltsstoffe für Kosmetikprodukte verwendet werden. «Kollagen ist der Hauptgrundstoff für die Herstellung von Gelatine. Heute finden Kollagenprodukte in der Kosmetik in Form von Cremes Verwendung, wo sie hauptsächlich zur Minderung von Hautalterung dienen. Das hierfür genutzte Kollagen wird meist aus Schweinehaut extrahiert, aber auch Quallen kann man zur Kollagengewinnung nutzen.»


Weitere tierische Produkte

Weitere tierische Bestandteile, die in Kosmetik­produkten vorkommen können, sind Amino- und Fettsäuren, welche aus Zellgewebe gewonnen werden. Meistens tauchen sie als Amino Acid und Fatty Acid in den Inhaltsstoffen auf. Eine andere versteckte Bezeichnung für Fettsäuren, die tierischen Ursprungs sein können, ist Linolsäure (Lineatic Acid). Hinter der Bezeichnung Stearinsäure (Stearic Acid) steckt eine Fettsäure, die fast ausschliesslich aus Schweinemägen gewonnen wird. Cysteine, welche unter anderem aus Hörnern, Haaren und Borsten gewonnen werden, sind häufig verwendete Aminosäuren in Kosmetikprodukten. Doch nicht nur Amino- und Fettsäuren mischt die Kosmetikindustrie in die Cremes und Lotionen. Hinter Amniotic Fluid verbirgt sich Plazentawasser, welches normalerweise den Fötus in der Plazenta umgibt. Auf diese Weise wird die Plazenta von trächtigen Schlachttieren verwertet.

Warum?

Warum verwenden die Kosmetikhersteller solche unappetitlichen Inhaltsstoffe? Wirken diese vielleicht besser als pflanzliche Alternativen? Claudia Rindler verneint: «Tierische Produkte werden nicht verwendet, weil sie besser sind als Inhaltsstoffe pflanzlicher oder synthetischer Herkunft, sondern eher, weil sie generell billiger sind. Schlachthäuser verkaufen sogenannte «Nebenprodukte», die aus den jährlich Milliarden ermordeter Tiere hergestellt werden.»

Naturkosmetik

Wer auf undurchsichtige Inhaltsstoffe verzichten möchte, findet rasch den Weg zur Naturkosmetik. Doch diese ist, auch wenn oftmals hautfreundlichere Substanzen verwendet werden, nicht automatisch frei von tierischen Produkten. Häufig werden gerade in naturnahen Unternehmen Bestandteile verwendet, die ein natürliches Image versprechen. Wie zum Beispiel Gelée Royale. Dabei handelt es sich um ein ganz besonderes Sekret, mit dem speziell die Bienenkönigin und ihre Larven genährt werden. Um den Futterstoff isolieren zu können, müssen deshalb nicht nur die Königin, sondern auch alle Königinnenlarven entfernt werden. Das Entfernen der Königin bedeutet für das Bienenvolk eine extreme Stresssituation und einen massiven Eingriff in das Gleichgewicht des Volkes, aber nur auf diese Weise können die Ammenbienen dazu gebracht werden, mehr von dem besonderen Sekret für die Kosmetikindustrie zu produzieren.

Auch Bienenwachs (Cera Alba), das von den Bienen zum Bau der Waben genutzt wird, und Lanolin (Wollfett), das Sekret aus den Talgdrüsen von Schafen, das aus der geschorenen Wolle der Tiere gewonnen wird, wie auch Milchpulver (für cremige Seifen oder Bäder) sind tierische Bestandteile, die in der konventionellen und in der Naturkosmetik gleichermassen eingesetzt werden.

Alternativen

Die Inhaberin der Seifen Oper ist für ihre Produkte ständig auf der Suche nach geeigneten pflanzlichen Alternativen. Sie setzt dabei auf rein natürliche Rohstoffe, die auch in der Lebensmittel­industrie verwendet werden. Ganz nach dem Motto «Was nicht in meinen Magen kommt, das kommt auch nicht auf mein Gesicht.» Claudia betont: «Ich möchte keine Überreste aus Schlachthäusern in meinen Cremes haben. Geschweige denn auf meiner Haut.» 

Anstelle von Milchpulver verwendet sie deshalb rein pflanzliches Kokosnussmilchpulver; für feine Düfte sorgen echte Vanille und Kräuter in Verbindung mit Ölen. «Man kann für nahezu alle Probleme ein Öl herstellen, wenn man sich ein wenig mit Kräutern auskennt.» Auch gegen Hautalterung ist ein Kraut gewachsen. Frauenmantel oder Rooibos haben dieselbe Wirkung wie gewisse chemische Bestandteile, die Anti-Aging-Cremes zugesetzt werden.

Was ist mit Tierversuchen?

Im Umgang mit Kosmetik legen bewusste Konsumenten auch Wert darauf, dass diese frei von Tierversuchen sind. Zwar sind Tierversuche für Kosmetikprodukte seit 2013 EU-weit verboten, in der Schweiz fehlt bis heute allerdings ein solches Verbot. Swissveg hat Andreas Item, Präsident der Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner (AGSTG), befragt, ob die Schweiz denn nun eine Art Insel für Tierversuche sei. «Wir hatten uns jahrelang für ein gesetzliches Verbot von Tierversuchen für Kosmetik eingesetzt. 

Die Schweiz hat es jedoch verpasst, hier eine Vorreiterrolle einzunehmen. Da Tierversuche für Kosmetik (und Kosmetikrohstoffe) nun in der EU verboten sind, ist das Thema in der Schweiz nicht mehr so dringend, denn jede Firma, die ihre Produkte auch in die EU verkaufen möchte – und das sind vermutlich alle –, müssen sich auch an die EU-Gesetze halten und dürfen somit keine Tierversuche machen.» So wurden im Jahr 2012 vom Bundesamt für Veterinärwesen keine Tierversuche für Kosmetikprodukte registriert. 2011 waren es neunzehn, 2010 vier Versuche, die in der Schweiz durchgeführt wurden.
Sind Tierversuche für Kosmetik also kein Thema mehr? Das wäre zu schön, um wahr zu sein. Tatsächlich gelten zahlreiche Inhaltsstoffe kosmetischer Produkte – die AGSTG spricht von bis zu 90% der Bestandteile – als Chemikalien oder Arzneipräparate. Sie fallen nicht unter die Kosmetikbestimmungen und werden demnach weiterhin im Tierversuch erprobt. Die AGSTG ist darum bemüht, ein Verbot für Tierversuche an solchen Stoffen zu erreichen, doch gemäss Andreas Item ist das noch ein langer und steiniger Weg.

 «Ich liebe Tiere, und meine Liebe zu Tieren hört nicht bei meinen Haustieren auf. Darum versuche ich alles, damit Tiere so wenig Gewalt wie möglich durch uns erleiden müssen. Aus diesem Grund kommt  für mich auch nur vegane Kosmetik in Frage.»
Claudia Rindler, Maskenbildnerin

 

Die Labels

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kauft in erster Linie Kosmetikprodukte mit einem Siegel für tierfreundliche Kosmetik. Swissveg empfiehlt diejenigen Produkte, die mit folgenden Labels deklariert sind.

   V-LABELV-Label

Das V-Label wird auch immer häufiger auf Kosmetikprodukten zu finden sein. Tierversuche sind für V-Label-Produkte verboten (sowohl bei der vegetarischen als auch bei der veganen Version).

VEGANBLUME

Die Veganblume wird von der Vegan Society in Grossbritannien vergeben. Das Label garantiert, dass weder bei den Inhaltsstoffen noch beim Herstellungsprozess Produkte tierischer Herkunft verwendet werden. Auch Tierversuche sind laut den Kriterien untersagt. Es entspricht damit dem V-Label.

   HASE MIT SCHÜTZENDER HAND

Der Hase mit schützender Hand ist ein Label des Internationalen Herstellerverbandes gegen Tierversuche in der Kosmetik e.V. (IHTK). Die strengen Richtlinien werden vom Deutschen Tierschutzbund vorgegeben. Für die eingesetzten Stoffe dürfen weder direkt, noch indirekt, noch über ein ausgelagertes Unternehmen Tierversuche gemacht worden sein. Ausserdem sind Inhaltsstoffe toter Tiere bzw. solche aus tierquälerischer Gewinnung ausgeschlossen (z.B. Nerzöl, Murmeltierfett, Seide, Cochenilleschildläuse, Bärengalle etc.). Gewisse tierische Inhaltsstoffe, wie zum Beispiel Lanolin, sind gemäss IHTK jedoch erlaubt.

   SPRINGENDER HASE

Der springende Ha­se (leaping bunny) wird von der CCIC (Coalition for Consumer Information on Cosmetics) an tierversuchsfreie Kosmetik vergeben. Die Kriterien unterliegen denen des Human Cosmetic Standard (HCS). Die CCIC führt jährliche Kontrollen durch. Um den springenden Hasen verwenden zu dürfen, müssen Firmen ein Datum angeben, ab welchem keine Tierversuche mehr für Produkte und deren Bestandteile durchgeführt werden. Das Label ist das international am weitesten verbreitete Label für tierversuchsfreie Kosmetik. Tierische Inhaltsstoffe sind jedoch kein Kriterium, die Kunden müssen sich diesbezüglich selber informieren.

Weitere Infos

Es gibt verschiedene Unternehmen, die sich auf den Verkauf von veganen Kosmetikprodukten spezialisiert haben. Ausserdem profitieren hier alle Swissveg-Mitglieder von Rabatten (Stand August 2024):

  • exurbe ist das erste Schweizer Beauty-Label für vegane Kosmetik. Das gesamte Sortiment ist vegan. Alle Formulierungen kommen ohne tierische Inhaltsstoffe und ohne Tierversuche aus. Swissveg-Mitglieder erhalten 10% Rabatt auf alle Produkte im Onlineshop. 
  • Liflore 100% vegane Naturkosmetik. Schweizer Manufaktur. Tierleidfrei.  5% Rabatt im Onlineshop für Swissveg Mitglieder.
  • Chrys&Crane, natürliche Kosmetika mit wertvollen Inhaltsstoffen, die aus Pflanzen gewonnen werden. Die Produkte sind vegan und tierversuchsfrei. 10% Rabatt für Swissveg Mitglieder.
  • Schweizer Seifen, handgemachte Seifen aus natürlichen Inhaltsstoffen, vegan und tierversuchsfrei. 10% Rabatt für Swissveg Mitglieder.
  • Louve Papillon Swiss Made, Naturkosmetik, vegan, tierversuchsfrei. 10% Rabatt für Swissveg Mitglieder. 
  • Seifen Oper, 100% vegane, handgemachte und tierversuchsfreie Kosmetik. Obertor 8/10, 8400 Winterthur
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