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Die Milch im Mythen-Check

Argumente für eine milchfreie Ernährung

(Erläuterungen zu «Ernährungsirrtümer – wir klären auf» von Swissmilk)
Swissveg, Version 15. April 2016

 

1.    KÖNNEN GETREIDEDRINKS UND CO. DIE KUHMILCH ERSETZEN?

  • Swissmilk behauptet: «Drinks aus Getreide, Nüssen und Soja sind in den Regalen der Detailhändler längst etabliert. Der Geschmack ist für Kuhmilchtrinker sicher gewöhnungsbedürftig. Die meisten pflanzlichen Drinks lassen sich in der Küche verwenden wie Kuhmilch. Die Inhaltsstoffe unterscheiden sich aber enorm. Pflanzendrinks enthalten weniger Fett und Eiweiss als Kuhmilch, dafür aber mehr Kohlenhydrate und Zucker. Mit dem Kalziumgehalt von Kuhmilch können sie bei weitem nicht mithalten. ...»

Ein etwas geringerer Fett- und Eiweissgehalt kann eher als positiv bewertet werden. An beidem mangelt es der Schweizer Bevölkerung nicht – im Gegenteil. Der Zuckergehalt variiert je nach Art der Milchalternative. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Genau so wie bei den Kuhmilchprodukten. Den Mythos vom Kalzium versucht die Milchlobby zwar weiterhin aufrecht zu erhalten. Jedoch gibt es längst auch kalziumreiche Milchalternativen und viele andere pflanzliche Produkte, die ähnlich viel Kalzium enthalten wie Kuhmilch – jedoch ohne deren gesundheitlichen Nachteile.

Vergleich von Pflanzendrinks und Kuhmilch

  Sojaline
Drink Kalzium
Alnatura
Bio-Soyadrink
Bio-
Vollmilch
 
Kohlenhydrate 5% 4% 5%  
Fettgehalt 2% 2% 4,2%  
Eiweissgehalt 3,5% 3,1% 3,5%


 

  • « ... Pflanzliche Drinks sind generell hoch verarbeitet: Bei ihrer Herstellung wird geschrotet, gewässert, gekocht, fermentiert, gesiebt, gefiltert, emulgiert, ultrahocherhitzt. Nur so erhalten sie die gewünschte Konsistenz und den Geschmack. Im Vergleich dazu ist Kuhmilch naturbelassen: Sie wird gemolken, pasteurisiert und homogenisiert.»

Die üblichen Verarbeitungsschritte wie kochen, wässern, sieben kennt jeder Koch und gehören zum Alltag, ohne dass man dies als schädlich ansieht. Die Kuhmilch demgegenüber als naturbelassen zu bezeichnen lenkt von den Tatsachen ab: Kuhmilch ist genau genommen das Drüsensekret einer Mutterkuh, welches in der Zusammensetzung ideal auf das Kalb abgestimmt ist. Dieses Sekret von unzähligen Kühen wird vermischt und in ihre Bestandteile zerlegt, um anschliessend wieder im gewünschten Verhältnis für die Konsumenten kombiniert zu werden. Es gibt eben keine Standardmilch mit exakt 3,5% Fett, wie auf der Milchpackung angegeben. Dieser Gehalt wird künstlich in der Molkerei hergestellt, da der Gehalt bei jeder Kuh im Laufe des Laktationszyklus stark schwankt (um stets optimal für die Kalbentwicklung zusammengesetzt zu sein).

Kuhmilch wird zudem homogenisiert. Dabei werden die Fetttropfen in so kleine Einheiten zersprengt, dass sie nicht mehr oben aufschwimmen. Dadurch folgt aber auch, dass diese tierischen Fette so klein sind, dass sie direkt durch unsere Darmwand ins Blut gelangen können.
Jede im Handel erhältliche Milch muss stark erhitzt werden (entweder pasteurisiert oder ultrahocherhitzt). Dies jedoch nicht nur um sie haltbarer zu machen, sondern auch um gefährliche Krankheitskeime abzutöten. Ein Stall ist eben alles andere als ein reiner Produktionsraum für Lebensmittel und die Kühe können auch Krankheitskeime in sich bergen, noch bevor die Krankheit ausgebrochen ist. Eine solche standardisierte, homogenisierte, erhitze Kuhmilch als «Naturprodukt» zu verkaufen, schafft man nur mit einer realitätsfernen Werbekampagne.


2.    IST MILCH EINE KALZIUMRÄUBERIN?

  • Swissmilk behautet: «Die These, dass das Eiweiss in der Milch zu einem Säureüberschuss im Körper führt und zum Abpuffern Kalzium aus den Knochen zieht, bleibt ein Mythos. Die Eiweissaufnahme sorgt nicht dafür, dass die Knochendichte und der Mineralstoffgehalt abnehmen. Milch erhöht auch nicht das Risiko für Osteoporose und Knochenbrüche.»

Diese Aussage der Milchlobby ist der Wahrheit schon etwas näher, als die frühere Behauptung, Milch gebe starke Knochen. Vermutlich liegt dies daran, dass wissenschaftlich längst erwiesen ist, dass der Milchkonsum nicht vor Knochenbrüchen schützt. Bereits eine Studie aus dem Jahr 1997 hatte 77'761 Frauen 12 Jahre lang untersucht.1 Die Schlussfolgerung der 4 beteiligten Wissenschaftler war:
«Unsere Daten unterstützen nicht die Vermutung, dass ein hoher Milchkonsum oder der Konsum anderer Nahrungsmittel mit Kalzium bei erwachsenen Frauen vor Hüft-, Oberschenkel- oder Unterarmbrüchen schützt.»


3.    WAS KANN MAN BEI LAKTOSEINTOLERANZ ÜBERHAUPT NOCH ESSEN?

  • Swissmilk behauptet: «Laktoseintoleranz ist keine Erkrankung, sondern gehört zum normalen Alterungsprozess. Sie ist auch nicht mit der Milcheiweissallergie zu verwechseln. Die Produktion des Verdauungsenzyms Laktase lässt mit zunehmendem Alter nach. Wird nur noch sehr wenig Laktase gebildet und treten zusätzlich nach dem Verzehr laktosehaltiger Lebensmittel entsprechende Symptome auf, spricht man von einer Laktoseintoleranz. Trotz Laktoseintoleranz können die meisten Betroffenen noch fast normal essen. Durch eine gezielte Ernährungsumstellung kann die individuelle Toleranzgrenze herausgefunden werden.»

Das Enzym zur Verdauung von Milch benötigt jeder Säugling, da er den Milchzucker aus der Milch seiner eigenen Mutter verdauen können muss. Nach der Säuglingszeit ist dieses Enzym nicht mehr nötig, da es von der Natur nicht vorgesehen ist, dass wir lebenslang Säuglinge bleiben. Jeder sechste Einwohner in der Schweiz verträgt deshalb keine Laktose im Erwachsenenalter.2 Weltweit sind es etwa 70%, die keine Laktose vertragen. Dies ist somit keine Krankheit, sondern ein natürlicher Zustand. Man kann den Körper mit künstlich hergestellten Milchprodukten ohne Laktose überlisten. Jedoch ist dies weder nötig noch sinnvoll. Wenn der Körper sagt, dass die eigene Säuglingszeit endgültig vorüber ist, sollte man dies akzeptieren und nicht auf die Muttermilch der Milchkühe zurückgreifen.


4.    WARUM VERTRAGEN WIR MILCHPRODUKTE?

  • Swissmilk behauptet: «Milchprodukte gehören zu unseren Grundnahrungsmitteln. Schon seit Langem sind sie in der täglichen Ernährung fest verankert. Doch nicht immer war es uns vergönnt, Milch zu verdauen. Grundsätzlich geht die Fähigkeit, Milchzucker zu verdauen, nach dem Säuglingsalter verloren. Der Mensch wird laktoseintolerant - das gehört zum normalen Alterungsprozess und ist keine Krankheit. Mit dem Aufkommen von Ackerbau und Viehzucht änderte sich auch das Nahrungsangebot und damit wiederum die Organe und der Stoffwechsel des Menschen. Vor etwa 7500 Jahren kam es zu einem günstigen Gendefekt: Der Körper lernte, den Milchzucker zu verdauen. Die Verträglichkeit von Milchzucker verbreitete sich rasch weiter. In Mitteleuropa liegt die Milchverträglichkeit bei Erwachsenen heute bei 60 %, in Südeuropa sind es 20 %. Dank dieses Gendefekts können wir heute Milch auch im Erwachsenenalter verdauen und ihre gesundheitlichen Vorzüge für uns nutzen.»

Dieser Gendefekt brachte den Menschen tatsächlich in Hungersnöten Vorteile. Allerdings hat die heutige Industriemilch überzüchteter Milchkühe kaum noch etwas mit der Milch von damals zu tun. Hungern müssen wir heute hierzulande glücklicherweise kaum mehr, weshalb wir nicht mehr auf das sehr problematische Nahrungsmittel Kuhmilch zurückgreifen müssen.


5.    SCHADET ZU VIEL EIWEISS DEN KNOCHEN?

  • Swissmilk behauptet: «Eine eiweissreiche Ernährung erhöht die Aufnahme von Kalzium aus dem Darm. Dies wiederum fördert die Kalziumausscheidung über den Urin - allerdings nur, wenn insgesamt nicht ausreichend Kalzium zur Verfügung steht. Eine Ernährung, die arm an Gemüse und Obst und gleichzeitig sehr eiweiss- bzw. fleischlastig ist, ist grundsätzlich ungesund, nicht nur für die Knochen. Ist die Ernährung eiweiss- und kalziumreich, wird die erhöhte Kalziumausscheidung aufgefangen und es tritt kein negativer Effekt für die Knochen ein. Eiweiss aus natürlichen Quellen ist für die Prävention von Osteoporose bedeutend. Gerade bei älteren Menschen wirkt tierisches Eiweiss dem Muskelabbau entgegen.»

Die Milchlobby gibt in ihrem eigenen Text zu, dass ein hoher Eiweisskonsum zum Verlust an Kalzium führt. Da viele Milchprodukte reich an tierischem Eiweiss sind, empfiehlt die Milchlobby, noch mehr davon zu konsumieren, da diese auch Kalzium enthalten. Viel naheliegender ist es jedoch, das Kalzium ohne das tierische Eiweiss aus pflanzlichen Quellen zu nutzen. Dann kann der Körper das Kalzium wesentlich besser verwerten und muss nicht einen Grossteil davon gleich wieder ausscheiden, um das tierische Eiweiss zu neutralisieren. Der heute allgemein empfohlene hohe Kalziumkonsum geht von einer Ernährung mit viel tierischem Eiweiss aus. Bei einer rein pflanzlichen Ernährung benötigt der Körper nicht so viel Kalzium über die Nahrung. Milchprodukte sind deshalb weder nötig noch sinnvoll.


6.    IST MILCH NUR FÜR DIE KÄLBER?

  • Swissmilk behauptet: «Das einzige Lebensmittel, das der Mensch von Natur aus selber produziert, ist die Muttermilch. Alles, was er sonst isst, nimmt er anderen weg. Weder der Apfelbaum, der Weizen noch das Huhn produzieren Äpfel, Weizenkörner und Eier zum Wohle des Menschen, sondern für die eigene Fortpflanzung. Wenn wir das Argument, dass Menschen kein Anrecht auf die Milch von Tieren haben, konsequent anwenden wollten, müssten wir eingestehen, dass wir mit Ausnahme der Muttermilch auf keine weiteren Nahrungsmittel Anrecht hätten.»

Dass die Muttermilch jeweils ausschliesslich für die eigenen Nachkommen geschaffen ist, stimmt natürlich - sowohl beim Menschen wie auch bei den Tieren ist dies der Fall. Doch die Früchte sind nicht umsonst so farbenfroh und schmackhaft. Der Grund ist, dass sie gegessen werden und dadurch deren Samen eine weite Verbreitung findet. Sie sind also durchaus nicht nur für den Verzehr geeignet, sondern auch dazu bestimmt. Bei den Eiern trifft es hingegen tatsächlich zu: Diese dienen ausschliesslich für die Nachkommen der entsprechenden Vögel. Das Cholesterin und die anderen Inhaltsstoffe sind optimal zusammengestellt um dem ungeborenen Küken einen guten Start ins Leben zu ermöglichen.


7.   SCHÜTZT MILCH VOR OSTEOPOROSE?

  • Swissmilk behauptet: «Milch schützt tatsächlich nicht vor Osteoporose. Diese Krankheit ist durch viele Faktoren, unter anderem unsere Erbanlagen, bedingt und lässt sich durch eine kalziumreiche Ernährung nicht verhindern. Tatsache ist jedoch, dass Knochenmasse nur mit Kalzium aufgebaut werden kann und dass auch die Knochenfestigkeit massgeblich davon abhängt. Der Grundstein dazu wird in der Kindheit gelegt. Lebenslang hat eine gesunde Ernährung vorbeugende Wirkung. Genügend Milch gehört auch dazu. Es gibt bis heute mehr wissenschaftliche Studien, die einen positiven Effekt von Milch auf den Knochenaufbau und auf die Knochenfestigkeit festgestellt haben, als solche mit einem gegenteiligen oder neutralen Resultat.»

Es freut uns, dass die Milchlobby in diesem Papier zugibt, dass ihre eigene Werbung falsche Erwartungen bei den Konsumenten erwecken soll: Milch schütze vor Knochenbrüchen. Dass mehr wissenschaftliche Studien für als gegen Milch sprechen, hängt hauptsächlich damit zusammen, dass es viel mehr von der Milchindustrie bezahlte Studien gibt, als wirtschaftsunabhängige Studien. Grossangelegte unabhängige Studien zeigen ganz klar keinen positiven Effekt des Milchkonsums.

Hier ein Beispiel einer Studie die 6 verschiedene Studienresultate zusammenfasst:

  • In der Meta-Analyse von 2004 wurden die Resultate von 6 internationalen Studien zum Thema Milchkonsum und Knochenbrüche zusammengefasst. Sie umfasst somit rund 40'000 untersuchte Personen. Die Schlussfolgerung der 12 beteiligten Wissenschaftler lautete:

    «Eine niedrige Aufnahme von Kalzium (weniger als 1 Glas Milch täglich) war nicht verbunden mit einem signifikanten Anstieg irgendwelcher Knochenbrüche. [...] Wir schliessen daraus, dass ein niedriger Milchkonsum gemäss Eigenangabe der Personen nicht in Verbindung steht mit einer Erhöhung der Anzahl Knochenbrüche.»3
     
  • Eine weitere Meta-Studie fasste Studien mit insgesamt über 190‘000 teilnehmenden Frauen zusammen. Sie wurde durchgeführt vom Zentrum für Alter und Mobilität der Universität Zürich unter Leitung von Prof. Heike Bischoff-Ferrari. Die Fragestellung lautete dort: «Kann eine Ernährung reich an Milch und Milchprodukten die Gefahr von Knochenbrüchen vor allem bei älteren Frauen vermindern?» diese Frage ist gerade in der Schweiz mit dem hohen Milchkonsum besonders relevant. Immerhin erleiden über 50% aller Frauen um 50 Jahre einen osteoporosebedingten Knochenbruch. Das Resultat war auch hier eindeutig:

    «Ergebnis: Ein Zusammenhang von Milchkonsum mit Hüftknochenbrüchen konnte nicht beobachtet werden, gleichgültig wie viel Milch die Frauen täglich zu sich nahmen.»4

8. GIBT ES BESSERE KALZIUMQUELLEN ALS MILCH?

  • Swissmilk behauptet: «Es gibt Nahrungsmittel, die pro 100 Gramm mehr Kalzium enthalten als Milch. Aber: 100g Sesamsamen pro Tag mag niemand essen, 100g Jogurt hingegen schon. Gemüse wie Broccoli, Spinat oder Grünkohl, Nüsse, Samen, Soja- und Algenprodukte sind Nahrungsmittel, welche die meisten von uns nicht täglich und in ausreichender Menge konsumieren wollen. Zudem wird Kalzium aus pflanzlichen Nahrungsmitteln schlechter aufgenommen als aus der Milch. Wir müssten jeden Tag mehr als ein Kilogramm grünes Gemüse und 100g Sesamsamen essen, um die nötige Menge Kalzium aufzunehmen. Mit drei Portionen Milch und Milchprodukten geht das wesentlich einfacher und die grosse Nährstoffvielfalt insgesamt trägt viel zu einer gesunden und ausgewogenen Ernährung bei.»

Milchprodukte sind die am meisten konsumierte Nahrungsmittelgruppe in der Schweiz. Zu empfehlen, diesen Konsum zu erhöhen, und dann von einer Nährstoffvielfalt zu sprechen, ist schon etwas absurd. Niemand braucht 100g Sesam zu konsumieren. Denn Kalzium ist kein solch seltenes Element in einer gesunden pflanzlichen Ernährung, dass man es ausschliesslich über ein Lebensmittel erhalten würde. Die gesunden, kalziumreichen pflanzlichen Nahrungsmittel enthalten kein tierisches Eiweiss, welches (wie oben erwähnt) Kalzium aus den Knochen löst. Somit ist der sehr hohe Kalziumkonsum, der heute bei einer milch- und fleischreichen Ernährungsweise empfohlen wird, bei einer veganen Ernährung gar nicht nötig. 

 

Ausführlicher Beitrag zum Thema Kalzium und in welchen pflanzlichen Produkten es enthalten ist.

 

1 Am J Public Health. 1997 Jun;87(6):992-7: Milk, dietary calcium, and bone fractures in women: a 12-year prospective study.

2 Laktoseintoleranz: Richtig essen – beschwerdefrei leben, Swissmilk

3 Osteoporos Int. 2005 Jul;16(7):799-804. Epub 2004 Oct 21.: A meta-analysis of milk intake and fracture risk: low utility for case finding.

4 H. A. Bischoff-Ferrari et. al., Milk intake and risk of hip fracture in men and women: A meta-analysis of prospective cohort studies, Journal of  Bone and Mineral Research, 14. Okober 2010

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