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29.06.2022 | Renato

Der Bundesrat hat am 22. Juni 2022 den Bericht «Zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik» gutgeheissen. Er zeigt darin auf, in welche Richtung er die Schweizer Landwirtschaft steuern möchte.

Fördert der Bundesrat die vegane Ernährung?

Im Bericht legt der Bundesrat vier Stossrichtungen fest. Einer davon ist besonders interessant:

Neue Ernährungstrends werden proaktiv genutzt.

Die vegane Ernährung ist momentan einer der stärksten Ernährungstrends. Zwar wird dies im Bericht nirgends erwähnt, doch es wird mehrmals betont, dass gemäss der Schweizer Lebensmittelpyramide (LMP) weniger Fleisch und mehr Gemüse und Früchte konsumiert werden sollten:

Ernährt sich die Bevölkerung nach den Empfehlungen der LMP (u.a. mehr Früchte und Gemüse, weniger Fleisch) und werden in Folge dessen auf ackerbaulich nutzbaren Böden prioritär Kulturen zur direkten menschlichen Ernährung statt Futterpflanzen für die tierische Produktion angebaut, steigt die inländische Kalorienproduktion und damit auch der Beitrag der Produktion zur Versorgung.

Tierwohl und Klima sollen künftig vermehrt beachtet werden

Der Bundesrat möchte ebenfalls, dass die Auswirkungen auf Klima und Tierwohl einzelner Produkte transparenter werden. Auch davon würden vegane Produkte profitieren.

[...] ist es wichtig, dass künftig die Konsumentinnen und Konsumenten die Herstellungsmethoden der Produkte bzw. deren Wirkung auf Klima oder Tierwohl besser kennen und stärker berücksichtigen.

Künftig soll gemäss Bundesrat auch eine gesunde Ernährung gefördert werden:

Aufgrund der Tatsache, dass sich viele Konsumentinnen und Konsumenten heute nicht ausgewogen ernähren und damit oft unerwünschte Auswirkungen auf die Umwelt verbunden sind, ist eine Veränderung in Richtung einer gesünderen Ernährung gemäss Schweizer LMP notwendig. Eine solche Ernährung ist gleichzeitig auch nachhaltiger.

Für den Bundesrat bedeute dies einerseits mehr stärkehaltige Lebensmittel wie Getreideprodukte und Kartoffeln, mehr Hülsenfrüchte, Früchte, Gemüse und Milch, und andererseits weniger Zucker, Salz, Alkohol, tierische Fette und Fleisch. Solche Veränderungen gelte es vermehrt aktiv mit Einbezug der Verhaltenswissenschaft zu unterstützen, wie es schon in Bereichen wie Dekarbonisierung der Industrie erfolgreich gemacht wurde.

Mit Ausnahme des erhöhten Milchkonsums (davon wird zudem bereits heute sehr viel konsumiert) unterstützt Swissveg diese Ziele vollumfänglich. Nebenbei bemerkt zählt Milch nicht zur Gruppe besonders stärkehaltiger Lebensmittel. Gleichzeitig darf nicht vergessen werden, dass die Schweizer Lebensmittelpyramide vom Bund selbst stammt – indem er sich auf die LMP beruft, scheinen seine Empfehlungen jedoch unabhängig von wirtschaftlichen oder politischen Interessen.

Im Bericht wird ebenfalls verlangt, dass auf Ackerflächen vermehrt Kulturen zur direkten menschlichen Ernährung angebaut werden. Zum jetzigen Zeitpunkt entfällt ein Grossteil des Schweizer Ackerlandes an die Futtermittelproduktion.

Derzeit wird von der Agrarpolitik einseitig die Produktion tierischer Produkte gefördert. Dass das weder nachhaltig noch gesund ist, deutet der Bericht an:

Mit einer gesunden Ernährung, die sich an den Ernährungsempfehlungen orientiert, könnte die Umweltwirkung des Konsums halbiert werden. Die Schweizer Ernährungsstrategie 2017-2024 fördert mit ihrer Ausrichtung auf eine gesunde Ernährung die Nachhaltigkeit der Produktion, da es bedeutende Synergien zwischen einer gesunden Ernährung und der nachhaltigen Produktion gibt.

Die heutige Agrarpolitik beeinflusse hauptsächlich die landwirtschaftliche Produktion und das daraus resultierende Angebot an Rohstoffen und Lebensmitteln. Gewisse agrarpolitische Massnahmen wirken sich jedoch auf den Konsum aus, wobei die Wirkung des Grenzschutzes auf die Nachhaltigkeit der Produktion bzw. die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten sowohl positiv als auch negativ sein könne.

Konkrete Massnahmen fehlen

Dass ein radikaler Wandel nötig ist, damit die bundesrätliche Agrarpolitik Tieren und Umwelt nicht mehr schadet, lässt sich daraus jedoch noch nicht erkennen. Den heutigen Zustand beschreibt der Bericht folgendermassen:

Trotz vergleichsweise geringer Ackerfläche pro Kopf wird in der Schweiz weniger als 40 Prozent der Ackerfläche zur direkten menschlichen Ernährung genutzt. Obwohl der Tierbestand insgesamt relativ stabil ist, haben sich die Futtermittelimporte in den letzten 20 Jahren nahezu verdoppelt.

Die Intensivierung der Landwirtschaft und die Hochleistungszucht der Nutztiere hat demzufolge auch in der Schweiz stark zugenommen. Leichte Kurskorrekturen wie die oben beschriebenen werden daran nichts ändern.

Insgesamt fehlen dem Bericht konkrete, sofort umsetzbare Massnahmen. Damit stösst er kaum auf grosse Kritik. Wenn es um die Umsetzung geht, wird sich jedoch zeigen, ob der Bundesrat bereit ist, seine Ziele auch gegen Widerstände der Profiteure des jetzigen Systems umzusetzen. Die heutigen Probleme klar aufzuzeigen um daraus eine Politik zu formen, die das System zukünftig auf nachhaltigere und tierfreundlichere Bahnen lenkt, ist jedoch ein vielversprechender Ansatz.

 

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