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Fragen zu einer veganen Zukunft

In den vorgängigen Beiträgen haben wir eine vegane Zukunft skizziert, wie wir sie uns vorstellen. Wir haben erläutert, was es aus unserer Sicht dafür braucht und haben unsere Gedanken über unsere Rolle auf dem Weg in eine vegane Zukunft mit euch geteilt. Vielleicht sind euch an der einen oder anderen Stelle Fragen oder Einwände in den Sinn gekommen. Hier liefern wir Antworten und entkräften mögliche Einwände. Solltest du noch weitere Fragen haben, melde dich bei info@swissveg.ch oder fülle unser Kontaktformular aus. Wir freuen uns!

Aber…

… die Schweiz ist doch ein Grasland? Da macht der Konsum von Rindfleisch und Kuhmilch Sinn.

Es gibt in der Schweiz einige wenige Orte, an denen nichts angebaut werden kann. Doch macht deswegen der Konsum von Rindfleisch und Kuhmilch Sinn? Nein. Denn die grosse Mehrheit des Fleisches, das in der Schweiz konsumiert wird, stammt von Hühnern und Schweinen, die bekanntlich nicht auf Grünflächen grasen. Ausserdem wird den Rindern und Milchkühen Kraftfutter zugefüttert. Sie essen also nebst Gras vor allem auch energiereiches, industriell hergestelltes Futter. Würde man wirklich nur das Grasland nutzen, könnte nur sehr wenig Rindfleisch und Kuhmilch produziert werden. Hinzu kommt: Die Tiere hinter den tierischen Produkten werden immer sichtbarer. In unserer Zukunftsvision erkennen immer mehr Menschen das Leid, das hinter der Produktion eines tierischen Erzeugnisses steckt. Die Grünflächen, die frei werden, könnten zum Beispiel zum Teil zur Wiederaufforstung genutzt werden, um CO2 zu binden. Davon würden sowohl die Tiere, als auch das Klima und die Umwelt profitieren.

...was essen wir denn dann und können wir pflanzlich überhaupt die ganze Bevölkerung ernähren?

Es gibt eine riesige Auswahl an unverarbeiteten veganen Lebensmitteln, sowie inzwischen auch an verarbeiteten veganen Produkten. Wie bei allem ist es am Anfang eine gewisse Umstellung, die dann zur neuen Gewohnheit wird. Man sollte zu Beginn auch nicht am Perfektionismus scheitern. Es geht in erster Linie nicht darum, nie einen Fehler zu machen, sondern darum, so vegan wie möglich zu leben. Mit jedem Schritt in diese Richtung hat man bereits etwas dazu beigetragen, die eigene Gesundheit zu fördern, die Umwelt zu schonen und Tierleid zu vermindern. Unter diesen Links findet man hilfreiche Tipps, wie man Milch- und Fleischprodukte ersetzen kann: Go Vegan. Durch die Umstellung auf eine vegane Lebensweise – die nicht von heute auf morgen geschehen würde, würden sehr grosse Landwirtschaftsflächen frei werden. Diese könnten in den Talregionen für den Anbau pflanzlicher Lebensmittel für die direkte menschliche Ernährung genutzt werden und die Alpengebiete könnten so der Natur zurückgegeben werden, sodass verdrängte Wildtierarten mehr Platz zum Leben hätten und ein stabileres Ökosystem geschaffen werden könnte. Global wäre es dann kein Problem, alle bereits lebenden Menschen (und mehr) mit 2700 Kalorien pro Tag zu ernähren.1

...vegan ist doch umweltschädlich, weil Lebensmittel weggeworfen werden, anstatt dass sie den Tieren verfüttert werden?

Ja, in der Landwirtschaft fallen Nebenprodukte an. Bisher warf man alles in den Futtertrog und vernichtete so ein Grossteil der Kalorien. Künftig kann ein «upcycling» der Produkte angestrebt werden. So gibt es bereits heute immer mehr innovative Verwendungszwecke für Nebenprodukte in der Landwirtschaft (z. B. Okara wird zu Burger oder Apfelschalen zu Apfelleder verarbeitet und Aprikosenkerne werden direkt als Snacks verwendet). Einiges der pflanzlichen Nebenerzeugnisse kann auch als pflanzlicher Dünger und Mulchmaterial in der bioveganen Landwirtschaft verwendet werden. Wenn etwas in grossen Mengen übrig bleibt, wird meist schnell eine sinnvolle Verwendung dafür gefunden. Falls dennoch etwas übrig bleibt, kann daraus in Biogasanlagen Energie erzeugt werden. Der Umstieg wird auch nicht von heute auf morgen geschehen. Genau so, wie sich das jetzige System über einen sehr langen Zeitraum eingespielt und gefestigt hat, kann auch eine neue Realität entstehen. Einiges kann sofort umgesetzt werden, anderes braucht noch etwas Zeit.
 

Gibt es dann noch…

...Zoos?

Wissenschaftlich geführte Zoos dienen nach eigenen Angaben dazu, bei den Besucher:innen das Interesse für verschiedenste Tiere zu wecken und das Verständnis für sie zu fördern. Aus diesem Versuch der Wissensvermittlung ergeben sich jedoch zwei Probleme: Erstens müssen wir keine Tiere einsperren, um das Interesse der Menschen an ihnen zu stärken. Ein aufmerksamer Spaziergang im nahe gelegenen Wald oder eine tolle Tierdokumentation können das Interesse genauso wecken und Wissen vermitteln. Zum anderen vermittelt der Zoo ein bestimmtes Bild: Die Tiere sind eingesperrt. Sie sind nur dann für Besucher:innen interessant, wenn sie aktiv sind. Tiere, die Rückzugsmöglichkeiten brauchen (und diese auch nutzen), sind nahezu unsichtbar. Dieses Ausgestelltsein der Tiere verstärkt das Herrschaftsgefühl der Besucher:innen. In unserer Zukunftsvision haben die Menschen bald erkannt, dass der Zoo, wenn überhaupt, das Falsche lehrt. Deshalb werden in unserer Zukunftsvision keine neuen Zoos mehr errichtet und bestehende Zoos sind Auslaufmodelle.

… Medikamente? Und werden diese noch an Tieren getestet?

Ja, es gibt natürlich noch Medikamente. Doch diese werden nicht mehr an Tieren getestet. Schon heute setzen bestimmte Pharmaunternehmen auf moderne humanbasierte Modelle, wie menschliche Mini-Organe oder innovative Computermodelle. So hat zum Beispiel Roche das “Institute of Human Biology” gegründet, das tierversuchsfreie Forschung betreibt.2 Diese neuen Methoden sind wesentlich zuverlässiger als Tierversuche. Die Medikamente werden dadurch also sogar sicherer, denn 95% der in Tierversuchen als gut befundenen Medikamente versagen beim Menschen.3

… Jäger:innen, die die Wildtierpopulation kontrollieren?

Nein, Tiere werden nicht mehr gejagt. Denn zum einen müssen sich Tiere wie zum Beispiel Rehe aus Angst nicht mehr in den Wald zurückziehen. Sie können wieder in ihren natürlichen Lebensraum zurückkehren, die Wiesen und Flure. Ausserdem muss durch die Aufgabe der Nutztierhaltung keine wertvolle Ackerfläche mehr zum Anbau von Futtermittel für die Nutztiere verwendet werden. Dies wiederum führt dazu, dass Flächen zur Wiederaufforstung genutzt oder andere Flächen sich selbst überlassen werden können. So steht dem Wild genügend Raum zum Leben zur Verfügung und es findet ausreichend Futter, sodass auch Wildverbiss im Wald, heute ein wichtiger Grund zur Jagd, kein Problem mehr darstellt.

...Kühe (oder andere «Nutztiere») in der Schweiz zu sehen?

Es würden fortlaufend weniger Tiere gezüchtet werden, bis keine Nachfrage nach tierischen Produkten mehr besteht. Dementsprechend blieben keine Tiere «übrig». Ausserdem könnten ältere Tiere in Lebenshöfen untergebracht werden und dort ihren Lebensabend verbringen. Es würden daher vor allem die vielen «unsichtbaren» Tiere (in erster Linie Hühner und Schweine), verschwinden. Tiere wie Hunde und Katzen oder Füchse und Rehe, würden wir weiterhin sehen. Mehr noch, gerade Wildtiere hätten so wieder mehr Raum zur Verfügung.
 

Offene Fragen

Welche Rolle spielt die Technologie?

Die Technologie kann den Wandel hin zu einer veganen Zukunft sicherlich unterstützen. So werden jetzt schon, beispielsweise in der Forschung, menschliche Mini-Organe verwendet. Oder die Felder werden mithilfe von Drohnen nach Rehkitzen abgesucht, damit diese in Sicherheit gebracht werden können, bevor gemäht wird. Es gibt auch schon Autos, die automatisch für grosse Tiere abbremsen.4 Am Ende ist es ein Zusammenspiel zwischen menschlicher Einstellung und technischem Fortschritt: Die Maschine kann nur das lernen, was wir ihr auf die eine oder andere Art beibringen. Und dafür müssen zuerst wir selbst umdenken.

Wie sieht die berufliche Zukunft von Fleisch- und Milchproduzent:innen aus?

Durch die Aufgabe der Nutztierhaltung wird Ackerfläche frei, die bisher für den Anbau von Futtermittel genutzt wurde. Dort können Landwirt:innen nun Lebensmittel für die direkte menschliche Ernährung anbauen. Das Wissen aus der Fleisch- und Milchtechnologie kann teilweise auch für vegane Alternativen genutzt werden. Dieser Wandel findet bereits seit längerem statt: Die meisten grösseren Milch- und Fleischproduzenten entwickeln heute vegane Alternativen. Oder aber die betroffenen Personen lassen sich mit staatlicher Unterstützung umschulen. Die Niederlande zeigen, wie der Ausstieg aus der Nutztierhaltung zum Beispiel verlaufen könnte: Die Europäische Kommission hat staatliche Entschädigungen in Höhe von 1,47 Mrd. Euro für die Niederlande genehmigt. Damit sollen bis zu 3‘000 tierhaltende Betriebe aufgekauft und dauerhaft geschlossen werden.5

Wie lange dauert eine solche Umstellung?

Das ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Wenn wir an unterschiedlichen Punkten ansetzen, kann es plötzlich schnell gehen. Doch zurzeit stehen wir noch ganz am Anfang: Die verschiedenen Tier- und Umweltschutzorganisationen müssen sich zusammentun, um auch auf politischer Ebene das nötige Gewicht zu haben, die Rahmenbedingungen zu verändern. Zugleich müssen wir daran arbeiten, immer mehr Menschen zu erreichen, damit sie sich Gedanken darüber machen können, in was für einer Schweiz sie zukünftig leben möchten. Problematische Aspekte genauso wie mögliche Ansatzpunkte müssen durch Organisationen wie Swissveg aufgezeigt werden. Es bedarf also noch einiger Veränderungen auf gesellschaftlicher, politischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Ebene.

 

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