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Insekten als Nahrungsmittel?

Die negativen Auswirkungen des Konsums von Fleisch der Säugetiere (Rinder, Schweine etc.), Geflügel und Fische werden immer offensichtlicher. Sowohl für die menschliche Gesundheit als auch für die Umwelt ist dies nicht mehr tragbar. Sind Insekten die Lösung?

Wie bei jeder neuen Tierart, die im Ernährungsplan der Industrienationen eingeführt wird, sind die zum Konsum freigegebenen Tierarten zu Beginn noch nicht stark überzüchtet. Zum Beispiel ist der Fettgehalt von Insekten deutlich geringer als derjenige eines heutigen Hochleistungshuhns. Dies macht die Insekten etwas weniger schädlich für die menschliche Gesundheit. Was für Auswirkungen das Essen von grossen Mengen bestimmter Insekten (in verarbeiteter Form) hat, ist jedoch noch weitgehend unerforscht. Zudem ist fraglich, ob das Essen von Insekten der richtige Weg ist um die Welternährung sicherzustellen.

Welternährung

Der Mythos, dass tierisches Eiweiss lebensnotwendig ist, wurde schon vor Jahrzehnten widerlegt. Deshalb stellt sich die Frage, ob bei der Nahrungsmittelproduktion der Umweg von der Pflanze über das Tier überhaupt noch notwendig ist.
Jeder Mensch ernährt sich von den Nährstoffen, welche die Pflanzen mit Sonnenlicht, Wasser und Erde erzeugen. Manche tun dies indem Sie die Pflanzen zuerst an Tiere verfüttern und dann diese konsumieren, andere konsumieren die Pflanzen direkt. Jeder Umweg über das Tier verursacht eine Verschwendung von Land, Energie, Wasser. Diese natürlichen Rohstoffe sind zentral für die künftige Ernährung der steigenden Weltbevölkerung. Deshalb ist der effektivste Weg die Ernährung der Weltbevölkerung auch in Zukunft sicher zu stellen eine pflanzlich basierte Ernährung.

Mehlwürmer

In der Schweiz werden erstmals am 21. August 2017 von Coop Mehlwürmer als Nahrungsmittel eingeführt (zu Burgern verarbeitet). Zur Produktion von 1 kg Mehlwürmer sind 2,2 kg Futtermittel nötig.1 Dieses Futter besteht hauptsächlich aus Getreide. Zum Vergleich: Die heutigen Hochleistungshühner benötigen pro Kilogramm Körpergewicht 2,3 kg Futter. Auch wenn die Mehlwürmer effiziente Futterverwerter sind, so könnte man mit dem direkten Verzehr der pflanzlichen Nahrungsmittel die Effizienz mehr als verdoppeln:


Der Energieaufwand zur Produktion von Mehlwürmern ist relativ hoch, da sie viel Wärme benötigen (konstante Temperatur von 21° C bis 23° C). In anderen Bereichen (z.B. Landverbrauch) schneiden die Mehlwürmer aus Umweltgründen besser ab. Allerdings nur so lange man sie mit anderen tierischen Nahrungsmitteln vergleicht. Gegenüber pflanzlichen Eiweissquellen sind auch die Mehlwürmer sehr unökologisch, wie die folgende Tabelle zeigt:

Proteingehalt

Für Insekten als Nahrungsmittel wird oft auch mit dem Argument geworben, dass diese einen sehr hohen Eiweissgehalt hätten. Beim Mehlwurm wird z.B. ein Proteingehalt von rund 45% angegeben. Zum Vergleich: Rindfleisch enthält "nur" 21% Protein und eine Walnuss/Baumnuss kommt auf 16%.
Hier werden jedoch zwei völlig unterschiedliche Dinge miteinander verglichen: Beim Fleisch ist es das, was man erwarten würde (rohes Muskelfleisch). Beim Mehlwurm misst man jedoch den gefriergetrockneten Wurm. Man entzieht ihm also das Wasser (welches kein Protein enthält und rund 60% der gesamten Masse ausmacht). Würde man beim Mehlwurm den Proteingehalt genauso messen, wie beim Fleisch wäre er nur noch bei 17%. Man muss also über 22 Gramm (Weizen-)Protein verfüttern um 17 Gramm (Mehlwurm-)Protein zu erhalten. Auch hier sieht man, dass die Verlängerung der Nahrungskette immer mit Verlusten behaftet ist.

Tierschutz

Jede Massenproduktion von Tieren wirft tierethische Fragen auf. Früher glaubte man, dass nur Menschen ein ausgeprägtes Schmerzempfinden haben. Später gestand man dies auch den anderen Säugetieren zu. Heute weiss man, dass auch Fische und Krebse durchaus Leiden können. Mit der Leidensfähigkeit von Insekten hat sich bisher noch niemand befasst. Deshalb ist noch nicht klar, welches Leid man den Millionen Insekten zufügt, wenn man sie in Massen züchtet und tötet. Klar ist jedoch, dass mit dem Konsum von Insekten ein Vielfaches an Tieren getötet werden muss, um dieselbe Menge Nahrungsmittel zu erhalten, wie bei grösseren Tieren. Ein Betäuben von Insekten kommt nur schon wegen der riesigen Anzahl auch nicht in Frage. Die Mehlwürmer, die von Coop verkauft werden, werden erfroren.

Natürlich?

In vielen Weltgegenden hat man schon lange Insekten verzehrt. Mit dem Einstieg der Industrienationen ergibt sich jedoch ein neues Bild: Die industrialisierte Zucht von riesigen Mengen an Insekten ist ein junges Phänomen. Auch Fleisch von Säugetieren hat man schon lange gegessen. Doch erst seit der Industrialisierung und der enormen Zunahme des Fleischkonsums wurden die negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt deutlich. Die Auswirkungen der Massenzucht von Insekten sind noch völlig unbekannt. Was man jedoch weiss: Der Konsum von pflanzlichen Nahrungsmitteln verursacht auf jeden Fall weniger Umweltprobleme und ist auch langfrisig gesund.
Und immer deutlicher zeigt sich, dass der Konsum von Inseken auch allergische Rekationen beim Menschen auslösen kann.2

Wirtschaftliche Argumente

Weshalb sollte man also durch den Umstieg von grösseren Tierarten zu den Insekten nur einen Teil der Vorteile nutzen, die man hätte, wenn man ganz auf pflanzliche Nahrungsmittel setzen würde?
Der Hauptgrund scheint auch hier im wirtschaftlichen Bereich zu liegen: Insekten kann man ähnlich teuer verkaufen wie Fleisch. Würde man das Getreide direkt als Nahrungsmittel verkaufen, wäre der Verdienst wesentlich kleiner. Da die negativen Auswirkungen des heutigen Fleischkonsums immer bekannter werden, wird nach Alternativen gesucht, welche den Gewinn nicht beeinträchtigen. Deshalb kommt die naheliegendste Lösung, eine pflanzliche Ernährung, für viele Firmen nicht in Frage.

Renato Pichler

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