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06.09.2024 | Renato

Die Stiftung für technologische Folgenabschätzung (TA-Swiss) hat eine Studie zum Thema «Fleisch- und Milchersatzprodukte – besser für Gesundheit und Umwelt?» in Auftrag gegeben. Sie wurde hauptsächlich von Mitarbeitern von Agroscope durchgeführt. Viele Medien haben die Ergebnisse aufgegriffen. Doch meist mit einem sehr negativen Fokus. Was steht wirklich in der Studie?

Umweltauswirkungen von Fleischalternativen

In allen untersuchten Umweltauswirkungen (Wasserknappheit, Treibhaus- und Versauerungspotenzial sowie Landnutzung) schnitten die Fleischalternativen besser ab als Fleisch aus dem Schlachthof. Die Umweltbelastungen aller untersuchten Punkte waren bei den Fleischalternativen (ausser bei der Wasserknappheit) sogar bei weniger als der Hälfte gegenüber den Referenzprodukten aus dem Schlachthof. Zusammengefasst wird dies in der Studie so: «Die Integration der Fleischalternativen in die alternativen Ernährungsmuster verringert sämtliche betrachteten Umweltwirkungen.»1

Umweltauswirkungen von Milchalternativen

Auch hier schneiden Milchalternativen eher besser ab als Kuhmilch: «Für die Milchproduktalternativen wurden ebenfalls, abgesehen von der Wasserknappheit, weitestgehend niedrigere Umweltwirkungen als bei ihren Referenzprodukten beobachtet.» Hier scheint das Ergebnis jedoch weniger klar zu sein: «Werden Milchproduktalternativen in die alternativen Ernährungsmuster integriert, können zwar das Treibhaus- und das Versauerungspotenzial sowie die Landnutzung reduziert werden, die Wasserknappheit und das Eutrophierungspotenzial von Gewässern steigen jedoch.» Das Eutrophierungspotenzial  (= Überdüngung) ist jedoch nur bei Käsealternativen mit Kokosnussöl ein Problem. Bei allen anderen Milchalternativen (Trinkmilch, Joghurt, Rahm) schneiden die Alternativprodukte (pro kg) wesentlich besser ab. Bleibt also nur noch der Wasserverbrauch bzw. die Wasserknappheit als einziger Punkt, bei dem die Milchalternativen nicht besser als Kuhmilch sind. Wobei auch hier Sojadrinks besser abschneiden als Kuhmilch.2

Weshalb schneiden Milchalternativen beim Wasserverbrauch in dieser Studie viel schlechter ab als die Produkte von der Kuh? 

Dies hat mit dem Studiendesign zu tun: Für die tierischen Produkte wurden ausschliesslich Schweizer Produkte untersucht. Zu den Alternativprodukten waren vor allem Daten aus internationalen Datenbanken vorhanden, welche kaum Schweizer Produktionsmethoden berücksichtigt haben. Dies hat insbesondere grosse Auswirkungen auf die Ergebnisse, da nicht der eigentliche Wasserverbrauch verglichen wurde, sondern dieser mit einem Wasserknappheitsindex multipliziert wurde.3  Da wir in der Schweiz, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, keine Wasserknappheit haben, verschlechtert diese Methode die Werte der Alternativprodukte. Diese Verschlechterung der Werte findet selbst dann statt, wenn ein Produkt (wie z.B. Schweizer Hafer-Drink) in der Schweiz hergestellt wurde, da in den internationalen Datenbanken zu den Umweltauswirkungen, solche Schweizer Produkte nicht vorhanden sind.

In der Studie wird dieser Effekt in einer Fussnote so zugegeben: «Die Unterschiede in der Wasserknappheit der Produkte lassen sich teilweise auf diese Gewichtung zurückführen, da viele der Alternativproduktinventare nicht Schweiz-spezifisch sind, während für das Fleisch und die Milchprodukte eine Produktion in der Schweiz modelliert wurde.»4 Basierend auf bisherigen Studienergebnissen schneidet die Kuhmilch auch beim Wasserverbrauch am schlechtesten ab.5

Abb. 1: Tatsächlicher Wasserbrauch von Kuhmilch sowie pflanzlichen Milchalternativen.

Gesundheitswert der Alternativprodukte

Um einen vergleichbaren Gesundheitswert aller Produkte zu erhalten, wurde ein Nährwertindex erstellt. Dabei wurde der Gehalt von Ballaststoffen, Protein, Calcium, Eisen, Jod, Kalium, Magnesium sowie den Vitaminen A, C und E als positiv bewertet und der Gehalt von Zucker, Natrium (Salz) und gesättigten Fettsäuren als negativ bewertet. Der Wert (NRF10.3) der Fleischalternativen liegt dabei höher (= besser) als beim Fleisch. Bei Milchalternativen schwankt er stark: «Während der NRF10.3 von Milch auch für verschiedene Datensätze relativ konstant bei rund 60 liegt, schwankt er für Sojadrink zwischen 22 und 115 [...].»6

Trotz dieser durchaus positiven Ergebnisse ziehen Medien daraus den Schluss, dass beim Weglassen von Fleisch und Milchprodukten Mangelerscheinungen drohen. Das stimmt so jedoch nicht. Es gibt zwar Nährstoffe, die bei einer rein pflanzlichen Ernährung zu kurz kommen können (genauso wie bei einer omnivoren Ernährung) – aber eine gut geplante Ernährung bietet alle lebensnotwendigen Nährstoffe. Einzig Vitamin B12 sollten bei einer veganen Ernährung standardmässig supplementiert werden.7 Dabei ist auch zu vernachlässigen, wenn Alternativprodukte nicht genau dasselbe Nährstoffprofil wie das tierische Original aufweisen. Denn die Basis der Ernährung sollte unverarbeitetes Gemüse, Getreide, Obst, Hülsenfrüchte und Nüsse ausmachen.

Zusammenfassend zeigen die Studienergebnisse, dass pflanzliche Alternativen durchaus die gesündere Wahl sein können. Grundsätzlich ist dabei auf einen hohen Gehalt an Ballaststoffen, Protein, Calcium, Eisen sowie Vitamin B12 zu achten. Der Gehalt an Zucker, Salz und gesättigten Fettsäuren sollte dabei möglichst gering sein. Als Faustregel gilt ausserdem: Je weniger verarbeitet, desto besser.

Fazit

In fast allen Bereichen schnitten Fleischalternativen und Milch(produkte)alternativen besser ab als ihre tierischen Referenzprodukte. Bei den wenigen Punkten, in denen sie weniger gut abschnitten, liegt dies vor allem an der Berechnungsmethode. Bei einzelnen Nährwerten gibt es natürlich Unterschiede, die in der Studie auch aufgezeigt wurden: «Während Fleischalternativen deutlich mehr Ballaststoffe und Calcium enthalten als ihre Referenz, weist unverarbeitetes Schweinefleisch hohe Gehalte an Protein und Vitamin B12 auf. Auch Milchproduktalternativen enthalten viele Ballaststoffe und dazu deutlich mehr Eisen als ihre Referenzen, welche sich wiederum vor allem durch einen hohen Gehalt an Calcium und Jod auszeichnen.»8 Eine abwechslungsreiche Ernährung ist in jedem Fall sinnvoll und kann Nährwertdefizite einzelner Nahrungsmittel ausgleichen. In den Medien wurden einzelne Aussagen aus dem Kontext gerissen und dadurch ein negatives Bild der Alternativprodukte verbreitet.

  1. Mehner, E., Ehlers, M.-H., Herrmann, M., Höchli, B., Holenweger, G., Mann, S., Messner, C., Nemecek, T., Reguant Closa, A., Schäfer, O., Stämpfli, A., Walther, B. & Douziech, M. (2024): Fleisch- und Milchersatzprodukte – besser für Gesundheit und Umwelt? Auswirkungen auf Ernährung und Nachhaltigkeit, die Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten sowie ethische und rechtliche Überlegungen. TA-SWISS Publikationsreihe (Hrsg.): TA 84/2024. Zollikon: vdf. www.ta-swiss.ch/fleisch-und-milch-ersatz
  2. Mehner, E., Ehlers, M.-H., Herrmann, M., Höchli, B., Holenweger, G., Mann, S., Messner, C., Nemecek, T., Reguant Closa, A., Schäfer, O., Stämpfli, A., Walther, B. & Douziech, M. (2024): Fleisch- und Milchersatzprodukte – besser für Gesundheit und Umwelt? Auswirkungen auf Ernährung und Nachhaltigkeit, die Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten sowie ethische und rechtliche Überlegungen. TA-SWISS Publikationsreihe (Hrsg.): TA 84/2024. Zollikon: vdf. www.ta-swiss.ch/fleisch-und-milch-ersatz
  3. Mehner, E., Ehlers, M.-H., Herrmann, M., Höchli, B., Holenweger, G., Mann, S., Messner, C., Nemecek, T., Reguant Closa, A., Schäfer, O., Stämpfli, A., Walther, B. & Douziech, M. (2024): Fleisch- und Milchersatzprodukte – besser für Gesundheit und Umwelt? Auswirkungen auf Ernährung und Nachhaltigkeit, die Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten sowie ethische und rechtliche Überlegungen. TA-SWISS Publikationsreihe (Hrsg.): TA 84/2024. Zollikon: vdf. www.ta-swiss.ch/fleisch-und-milch-ersatz
  4. Mehner, E., Ehlers, M.-H., Herrmann, M., Höchli, B., Holenweger, G., Mann, S., Messner, C., Nemecek, T., Reguant Closa, A., Schäfer, O., Stämpfli, A., Walther, B. & Douziech, M. (2024): Fleisch- und Milchersatzprodukte – besser für Gesundheit und Umwelt? Auswirkungen auf Ernährung und Nachhaltigkeit, die Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten sowie ethische und rechtliche Überlegungen. TA-SWISS Publikationsreihe (Hrsg.): TA 84/2024. Zollikon: vdf. www.ta-swiss.ch/fleisch-und-milch-ersatz
  5. Poore, J. & Nemecek, T. (2018). Reducing food’s environmental impacts through producers and consumers. Science, 360(6392), 987–992. doi.org/10.1126/science.aaq0216
  6. Mehner, E., Ehlers, M.-H., Herrmann, M., Höchli, B., Holenweger, G., Mann, S., Messner, C., Nemecek, T., Reguant Closa, A., Schäfer, O., Stämpfli, A., Walther, B. & Douziech, M. (2024): Fleisch- und Milchersatzprodukte – besser für Gesundheit und Umwelt? Auswirkungen auf Ernährung und Nachhaltigkeit, die Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten sowie ethische und rechtliche Überlegungen. TA-SWISS Publikationsreihe (Hrsg.): TA 84/2024. Zollikon: vdf. www.ta-swiss.ch/fleisch-und-milch-ersatz
  7. Melina, V., Craig, W. J. & Levin, S. (2016). Position of the Academy of Nutrition and Dietetics: Vegetarian Diets. Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics, 116(12), 1970–1980. doi.org/10.1016/j.jand.2016.09.025
  8. Mehner, E., Ehlers, M.-H., Herrmann, M., Höchli, B., Holenweger, G., Mann, S., Messner, C., Nemecek, T., Reguant Closa, A., Schäfer, O., Stämpfli, A., Walther, B. & Douziech, M. (2024): Fleisch- und Milchersatzprodukte – besser für Gesundheit und Umwelt? Auswirkungen auf Ernährung und Nachhaltigkeit, die Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten sowie ethische und rechtliche Überlegungen. TA-SWISS Publikationsreihe (Hrsg.): TA 84/2024. Zollikon: vdf. www.ta-swiss.ch/fleisch-und-milch-ersatz
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