Am Dienstag, 31. Oktober 2023 findet wie jedes Jahr der «Tag der Pausenmilch» statt. An diesem Tag wird in Schweizer Schulen den Kindern die Milch als «gesunde Pausenverpflegung» nähergebracht. Doch dabei handelt es sich um eine rein kommerzielle Werbeaktion, gesponsert von Swissmilk und kostenlos unterstützt von unseren Schulen.
Die Kuhmilchlobby wirbt einmal jährlich in der ganzen Schweiz für «feine» und «gesunde» Milch. Insgesamt werden schweizweit über 325'000 Schüler Kuhmilchgetränke angeboten mit dem Ziel, mehr Kuhmilchprodukte zu konsumieren. Laut Swissmilk sei Ziel der Werbeaktion, dass sich die Schulkinder mit Themen wie Gesundheit, Genuss und Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Doch wie gesund, genussvoll und nachhaltig ist Kuhmilch wirklich?
Starke Knochen dank Kuhmilch?
Swissmilk behauptet, Milch sei eine «praktische vitamin- und kalziumreiche Pausenverpflegung». Für Kinder sei eine gesunde Ernährung schliesslich besonders wichtig:
«Sie sollten täglich 3 Portionen Milch konsumieren, zum Beispiel 1 Glas Milch, 1 Becher Joghurt und 1 Stück Käse. Für Erwachsene gilt das übrigens auch.»1
Doch ist Milch wirklich so gesund und gut für die Knochen, wie oft behauptet wird? Nein, das Gegenteil ist der Fall: Osteoporose (Knochenschwund) kommt in den Ländern mit dem höchsten Milchkonsum wie der Schweiz am häufigsten vor. Ein hoher Milchkonsum wird ebenfalls in Verbindung mit Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes gebracht.2
Hinzu kommt, dass am Tag der Pausenmilch nicht nur reine Kuhmilch ausgeschenkt wird: Es wird auch gezuckerte Erdbeer- und Ovo-Milch angeboten. Ein hoher Zuckerkonsum steht aber im direkten Widerspruch zu einer gesunden, ausgewogenen Ernährung – insbesondere für Kinder.
Pflanzliche Milch als Konkurrenz
Doch wie sieht es mit Milchalternativen aus? Dürfen diese am Tag der Pausenmilch ausgeschenkt werden? Hierzu schreibt Swissmilk, dass pflanzliche Alternativen nicht toleriert würden. Aktionen, bei denen Pflanzendrinks ausgeschenkt würden, müssten umgehend mitgeteilt werden. Swissmilk liegt es also klar nicht daran, eine gesunde Ernährung zu fördern – denn eine gesunde Ernährung ist auch ohne Kuhmilch und rein pflanzlich möglich.
Es gibt eine grosse Auswahl an Pflanzendrinks, die alle unterschiedliche Nährstoffprofile aufweisen. Grundsätzlich steht Pflanzenmilch Kuhmilch in nichts nach. Sojamilch kommt dem Nährstoffprofil von Kuhmilch am nächsten, hat sogar mehr Protein und bietet mehr gesundheitliche Vorteile.
Auch eine kürzlich veröffentlichte Studie von Agroscope kommt zum Schluss, dass pflanzliche Alternativen auf Soja-, Mandel- und Cashewbasis gute Quellen für Mineralstoffe und Spurenelemente sind. Weiter heisst es aber, dass die meisten Pflanzendrinks «kein vollwertiger Ersatz für Milch» seien. Ausserdem bräuchte es «zusätzliche Massnahmen wie die Supplementierung mit Mikronährstoffen, um die ernährungsbedingten Unterschiede auszugleichen».3
Doch muss Kuhmilch wirklich ersetzt werden? In der Schweiz konsumiert durchschnittlich jede Person ohnehin nur 1,1 dl Milch pro Tag, was in dieser geringen Menge kaum einen Beitrag zur Nährstoffversorgung leistet.4 Das ist auch der Grund für Swissmilks Werbeanstrengungen: In der Schweiz werden durchschnittlich «nur» zwei anstatt drei Portionen Milch(-produkte) konsumiert, während pflanzliche Milchalternativen immer beliebter werden.5 Der Kuhmilchkonsum hingegen hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen: 2011 betrug der Pro-Kopf-Konsum in der Schweiz knapp 64 kg pro Jahr; 2021 nur noch 47 kg. Somit ist der Pro-Kopf-Konsum innerhalb von 10 Jahren um 42 Prozent gesunken.6
Für Kühe alles andere als ein Genuss
In der Milchwerbung wird das Bild der glücklichen Schweizer Kuh gezeichnet, obwohl Milchkühe tagtäglich Torturen durchlaufen – doch das wissen die wenigsten: Eine von Proviande durchgeführte Umfrage zeigt, dass nicht einmal die Hälfte der Befragten wusste, dass eine Kuh ein Kalb haben muss, um Milch zu geben.7 Entsprechend ist davon auszugehen, dass die meisten Menschen nicht realisieren, welche enormen Strapazen für die Kuh mit der Milchproduktion einhergehen: Um konstant Milch zu geben, wird die Kuh regelmässig künstlich befruchtet und verbringt so einen grossen Teil ihres Lebens trächtig. Von ihrem Kalb wird sie unmittelbar nach der Geburt getrennt – ist dieses männlich, ist es schon bald auf dem Weg zum Schlachthof. Das Leben eines sogenannten Nutztiers in der Schweiz ist, entgegen dem durch die Werbung vermittelten Bild, alles andere als idyllisch.
Weder gesund, genussvoll noch nachhaltig
Der Konsum von Kuhmilch ist alles andere als genussvoll, gesund und nachhaltig. Immer mehr Menschen greifen deshalb zu pflanzlichen Milchalternativen, während der Kuhmilchkonsum stetig abnimmt. Swissmilk versucht, mit Werbeanstrengungen wie dem Tag der Pausenmilch diesem Trend entgegenzuwirken.
1. Swissmilk (2023). Tag der Pausenmilch.
2. Willett, W. C. & Ludwig, D. S. (2020). Milk and Health. The New England Journal of Medicine, 382(7), 644–654.
3. Burton-Pimentel, K. J., & Barbara Walther, B. (2023). Pflanzendrinks – eine Alternative zu Milch? Agrarforschung Schweiz 14, 214-228.
4. Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV. (2017). Fachinformation Ernährung. Milch- und Milchproduktekonsum in der Schweiz 2014/15.
5. Bundesamt für Landwirtschaft BLW. (2022). Milchersatzprodukte immer beliebter.
6. Statista. (2023). Pro-Kopf-Konsum von Milch in der Schweiz in den Jahren 2000/02 bis 2021.
7. Proviande. (2023). Studie zum Fleischkonsum zeigt: 72 % haben sehr grosses Vertrauen in Schweizer Fleisch.