Soja hat keinen guten Ruf: Es war die erste kommerziell eingesetzte Pflanze, die gentechnisch verändert wurde, und auch heute noch werden für riesige Sojafelder Regenwälder abgebrannt.
Die Schweiz importiert hauptsächlich Soja aus Brasilien – als Futtermittel. Also von Sojafeldern, wo zuvor ursprünglich Regenwälder standen. Der Sojaanbau ist einer der Hauptgründe, weshalb noch heute jedes Jahr riesige Flächen der Regenwälder (brand-)gerodet werden.
Swissveg ist der Frage nachgegangen, wofür diese Sojaimporte verwendet werden. Wie stehen sie im Zusammenhang mit Tofu oder Soja-Drinks?
Soja = Tofu?
Bei Soja denkt man zuerst an Tofu oder Soja-Drinks. Dies ist naheliegend, da kaum jemand Soja unverarbeitet einkauft, um sich daraus ein Sojabohnengericht zu machen.
Doch bei den in der Schweiz verkauften Soja-Produkten für den menschlichen Verzehr handelt es sich fast ausschliesslich um Bioprodukte. Und Bioprodukte sind immer gentechnikfrei. Das in die Schweiz aus Brasilien importierte Soja ist jedoch konventionell angebaut. Weshalb eigentlich?
Soja ist als Futtermittel sehr beliebt
Die heutigen, auf Hochleistung gezüchteten Nutztiere kommen ohne konzentriertes Eiweissfutter nicht mehr aus. Soja aus den riesigen Feldern in Brasilien ist ein sehr günstiger Eiweisslieferant und ermöglicht es, Fleisch, Milch und Eier zu günstigen Preisen zu produzieren. Daneben wird ein Teil des importierten Sojas auch von der Nahrungsmittelindustrie direkt in Produkte verarbeitet. Rund 40 Prozent des importierten Futtersojas werden an Rinder verfüttert. Dies mag all jene erstaunen, die noch der Werbung glauben, die behauptet, Schweizer Kühe stünden den ganzen Tag auf der Weide und ässen Gras. Natürlich sollten Rinder Gras und kein Soja fressen. Doch um die extrem hohe Milchleistung erbringen zu können, sind sie auf solch konzentrierte Eiweissnahrung angewiesen. Und bei Hühnern ist der Einsatz von Kraftfutter normal, das nebst Soja auch Getreide beinhaltet. Somit werden die Tiere in jedem Fall zu «Futterkonkurrenten» der Menschen.
Die Fleischindustrie hat dieses «Imageproblem» erkannt und importiert nun auch grosse Mengen an Soja aus Frankreich und Indien. Damit wird jedoch das Mengenproblem nicht gelöst: Denn nun wiederum muss Frankreich mehr Futtermittel oder Nahrungsmittel aus dem Ausland importieren, da das Land ja nicht einfach grösser geworden ist.
Schweizer Bio-Sojaanbauflächen (in Hektaren) für die Tofuproduktion.
Zahlen vom Hauptpartner der Schweizer Bio-Sojaproduzenten mit einem Marktanteil von 80 bis 85%.
Woher kommt das Soja für den Schweizer Tofu?
Immer mehr Soja wird in der Schweiz produziert. Die Forschungsanstalt Agroscope (Reckenholz) des Bundes, hat in den letzten Jahren Sojapflanzen gezüchtet, die auch in der Schweiz gut wachsen und ausreifen. Selbst in Winterthur neben dem Swissveg-Sekretariat gab es schon ein Sojafeld, dass sehr guten Ertrag lieferte. Der Tofu-Hauptlieferant von Coop verwendet deshalb bereits rund die Hälfte des eingesetzten Sojas aus Schweizer Knospe-Bio-Produktion. Und für dieses Jahr soll die Schweizer Anbaufläche nochmals um 30 Prozent erhöht werden. Alles was (noch) nicht aus der Schweiz bezogen werden kann, wird aus dem nahen Ausland importiert. Hauptsächlich aus Österreich, aber auch aus Ungarn und falls nötig aus Deutschland. Nur bei sehr schlechter Ernte muss auf andere Länder ausgewichen werden – jedoch nie auf Übersee.
Coop: Alle Coop-Produkte mit Tofu werden somit hauptsächlich aus Schweizer Bio-Sojabohnen hergestellt, Soja-Drinks und Soja-Desserts aus europäischem Soja. In der Karma-Linie wird fast ausschliesslich Schweizer Bio-Tofu aus Schweizer Bio-Sojabohnen eingesetzt. Ein einziges Produkt enthält noch ausländisches Bio-Soja, dieses stammt aus Europa.
Migros: In der Migros gibt es Produkte aus EU-Soja und Schweizer Soja.
Soyana: Die Soja-Pionierin Soyana bezieht ihre Sojabohnen für das umfangreiche Sortiment ausschliesslich aus dem grenznahen Ausland, hauptsächlich von der Alpensüdseite: Norditalien und Südösterreich.
Tofurei Engel: Ähnlich sieht es bei der zweiten Pionierin aus: Die Tofurei Engel bezieht ihre Sojabohnen ebenfalls aus Italien.
Mit einem jährlichen Wachstum des Sojaproduktekonsums von über 15% ist es eine stetige Herausforderung, genügend Bio-Soja aus der Schweiz zu erhalten. Insbesondere weil ein Grossteil der Schweizer Agrarfläche noch immer für den Anbau von Tierfutter (hauptsächlich Futtermais) ver(sch)wendet wird und der Markt von Fleisch- und Milchalternativen sicher auch in Zukunft wachsen wird. Wer also den Regenwald schützen will, sollte auf tierische Produkte verzichten. Der Tofukonsum hat nichts zu tun mit der Zerstörung des Regenwaldes.
Renato Pichler
Erstveröffentlichung dieses Artikels im Veg-Info 2015/2