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Interview mit «Meridian»

Straight-edge – die wenigsten wissen, was sich hinter diesem Begriff verbirgt. Diese Bewegung, bei einem Teil der Jugend gross in Mode, bringt jedoch einen willkommenen und kräftigen Wind in den Vegetarismus.

Straight-edge, in der Schweiz noch nicht weit verbreitet, zählt einige wenige hundert leidenschaftliche Anhänger, welche sich rund um Hardcore, einen sehr energischen Musikstil, für den Respekt aller Lebewesen einsetzen, egal welcher Rasse, welchen Geschlechts und welcher Spezies. Die Mehrheit dieser Anhänger verlangt einen Stopp der Ausbeutung der Tiere und fördert den Vegetarismus. Wir wollten mehr von dieser Bewegung wissen. In Genf standen uns zwei Straight-edge-Mitglieder der Hardcore-Gruppe Meridian, beide Veganer im Alter von 18 und 20 Jahren, Red und Antwort.

Könnt Ihr uns den Begriff «straight-edge» definieren? 

Straight-edge ist eine Philosophie, die darauf beruht, auf jegliche Einnahme legaler oder illegaler Drogen (einschliesslich Zigaretten und Alkohol) zu verzichten. Dies beinhaltet auch der Verzicht auf sexuelle Gelegenheits-Beziehungen mit dem Ziel, den dafür notwendigen Gefühlsaustausch zu sichern. 

Welche Beweggründe haben euch zu dieser Lebensweise geführt? 

Wir sind der Meinung, dass es unerlässlich ist, die Kontrolle über sich zu haben. Drogen führen in die Sackgasse und es gilt, diese zu vermeiden, um sich der Wirklichkeit stellen zu können. Dies gilt für das Alltägliche, aber auch für schwierigere Probleme. Anstatt Zeit und Kraft dem Alkohol- und Drogenkonsum zu widmen, so wie es zu viele Leute tun, haben wir uns entschlossen, uns für die Ursachen einzusetzen. Wir verzichten darauf, unseren Körper unnötig zu zerstören sowie die Drogenkartelle und mächtigen multinationalen Konzerne zu unterstützen, welche für die Misere und dem langsamen Todeskampf von Millionen von Menschen verantwortlich sind. Die Menschen sind nicht die einzigen Drogenopfer. In der Tat werden Drogen am Tier getestet, zuerst aus toxikologischen Gründen, dann für Studien von Krankheiten, welche deswegen ausgelöst werden. 

Viele straight-edge-Mitglieder sind Vegetarier und kämpfen für die Befreiung der Tiere. Aus welchen Gründen? 

Da straight-edge die Idee des Respekts vor sich und des Anderen anstrebt, wäre es ungerecht, sich auf die eigene Art zu beschränken. Viele Mitglieder engagieren sich sehr für die Befreiung der Tiere und haben die vegetarische/vegane Lebensweise gewählt. 

Eines eurer Stücke heisst «Holocaust». Könnt ihr uns etwas darüber sagen? 

In diesem Stück geht es um Diskriminierung, welche in unserer Gesellschaft herrscht, wie zum Beispiel Rassismus, Sexismus, Menschenliebe und Speziezismus. Wir möchten den Menschen bewusst machen, dass wir kein Recht haben, die Interessen und Leiden eines Lebewesens zu ignorieren, nur weil es nicht die selbe Hautfarbe hat, nicht zum gleichen Geschlecht, zur gleichen Art gehört oder andere sexuelle Vorlieben hat als wir. Es ist wichtig zu verstehen, dass all diese Diskriminierungen willkürlich sind, und sie somit mit Eifer gemieden werden müssen, sowohl die eine als auch die andere. Dennoch muss berücksichtigt werden, dass die Leute nicht immer und bei jedem Punkt gleich gut informiert sind. Beispielsweise sind wenige Leute über die Leiden der Tiere informiert, aber alle anerkennen die Ungerechtigkeit des Rassismus. Deshalb kann man sich gegenüber einem speziesistischen Menschen nicht gleich verhalten wie gegenüber einem rassistisch veranlagten, obwohl diese beiden Haltungen gleichen Ursprungs sind. 

Das Stück heisst «Holocaust», weil Tierversuchslabore, intensive Zucht und Schlachthöfe sehr den Todeslagern gleichen. Welche Formen von Aktivitäten bevorzugt ihr? 

Die Aktivität beginnt bei der individuellen Betroffenheit. Man muss sich bewusst sein, dass wir Teil eines Systems sind, aus welchem wir nicht fliehen können. Man muss also sein Konsumverhalten ändern, so dass die eigenen Vorstellungen übereinstimmen. Der Boykott von gewissen Produkten ist eine gute Möglichkeit, seinen Protest kundzutun. Dieses drängt sich für Firmen auf, welche für die Zerstörung der Erde (Umweltverschmutzung, Abholzung, Gentechnik), der Ausnutzung der Menschen und der Tiere (moderne Sklaverei, Versuche, usw.) und andere Übel unserer Gesellschaft verantwortlich sind. 

Wie reagiert das Publikum während euren Konzerten? 

Normalerweise ist die Reaktion eher gut, obwohl sich einige Personen angegriffen fühlen, weil sie sich nicht in Frage stellen können. 

Stellt ihr ein stärkeres Bewusstsein bei den Jugendlichen fest, was eure genannten Probleme angeht? 

In der straight-edge-Szene steigt das Bewusstsein stark, aber bei den meisten Jugendlichen braucht es mehr Zeit, wie bei allen anderen Befreiungsbewegungen. Im weiteren Umkreis stellen wir aber fest, dass sich immer weniger Jugendliche von wichtigen Tatsachen betroffen fühlen, da der Einfluss der Medien, multinationalen Konzernen und Regierungen sehr hoch ist. 

Wie schätzen euch andere Jugendliche ein? 

Weil sich unsere Ideen meistens gegen die Prinzipien unserer Gesellschaft stellen, haben die Leute oft den Eindruck, wir wollten sie ihrer «Freiheiten» berauben. 

Während den letzten Hardcore-Konzerten hatte es in Genf nur männliche Gruppen. Gibt es auch weibliche Gruppen? 

Es gibt weibliche Hardcore-Gruppen, aber wenige. Ideal wäre es, wenn diese Gruppen gemischtgeschlechtlich gebildet würden. 

Wie seht ihr die Zukunft der straight-edge-Bewegung? 

Der Kern der Bewegung ändert sich. Immer mehr Leute treten uns bei. Man könnte sich fragen, ob das nicht im Gegenzug zur wachsenden Zahl der täglich Drogen einnehmenden Personen geschieht. 

Interview von Christina Maier, übersetzt aus dem Französischen von Blaise Gachet.

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