Direkt zum Inhalt

Food For Life

Das grösste vegetarische Ernährungsprogramm der Welt «Food for Life» organisiert Projekte in über 60 Ländern. Freiwillige servieren täglich über 1.500.000 kostenlose Mahlzeiten.

FFL engagiert sich für Heimatlose in den grösseren Städten weltweit, für mittellose Schulkinder in ganz Indien und reagiert direkt auf grosse Naturkatastrophen wie den Tsunami von 2004.

Mit seinen indischen Wurzeln ist das FFL-Projekt ein modernes Wiederaufgreifen der antiken vedischen Kultur von Gastfreundschaft und dem Glauben an die Gleichheit aller Lebewesen. Gegründet wurde es 1974 durch die «Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein» (ISKCON) und ist daher auch bekannt unter den Namen ISKCON Food For Life oder Hare Krishna Food For Life. Es wurde von dem «International Rescue Committee» und den New York Times für seine weltweite Unterstützungsleistung gelobt.1

Position

Alle Menüs, die FFL serviert, sind vegetarisch, von der Organisation auch «karmafrei» genannt.

Das folgende Interview mit Paul Rodney Turner, dem Direktor von FFL erklärt das Engagement und die Position von FFL ausführlich:

Wenn man hört, dass es FFL gleich am ersten Tsunami-Tag schaffte, mehr als tausend vegane, «karmafreie» Mahlzeiten an Bedürftige auszuteilen, und das mitten in Zerstörung und Chaos, ist man schon beeindruckt. Allein diese Tatsache zeigt, wozu das eingespielte Alarmsystem von FFL, ein flexibles Management und motivierte Helfer aus allen Ecken der Erde fähig sind.

Der Direktor dieser gut geölten «Essenmaschine» ist der in Australien geborene Paul Turner, der 1994 in die USA auswanderte und dort den FFL-Hauptsitz aufbaute. Paul beantwortet die von Renato Pichler gestellten Fragen und erläutert im folgenden Gespräch, wie die Wohlfahrtsorganisation funktioniert, und erklärt deren internationalen Erfolg.

Renato Pichler: Sind die von euch angebotenen Mahlzeiten immer vegetarisch? Vegan?

Paul Turner: Absolut. Wir servieren nie etwas anderes als pure vegetarische oder vegane Mahlzeiten. Unsere Menüs ändern sich allerdings entsprechend der Saison, den jeweiligen Örtlichkeiten und den gegebenen Bedingungen. Sie werden normalerweise gekocht, wir bieten jedoch auch frisches Obst an. Meistens sind unsere Mahlzeiten vegan, aber bei einigen unserer Projekte in Indien wird auch Joghurt verwendet.

Was versteht man unter «karmafreien» Mahlzeiten?

Das Wort Karma kommt aus Indien. Es bedeutet «Arbeit» oder «Aktivität» und wird häufig mit einem physikalischen Gesetz gleichgesetzt: Jeder Aktion folgt eine entsprechende Reaktion. Auch in der Bibel steht «Was der Mensch sät, das wird er ernten». Das ist Karma. Also bedeutet eine karmafreie Mahlzeit eine Mahlzeit, die so zubereitet wurde, dass sie frei ist von jeder negativen oder sündhaften Konsequenz. Sie ist nicht verunreinigt, rein und nährt daher Körper und Seele, also Vegetarismus pur.
Eine karmafreie Ernährung beinhaltet mehr als nur einen Verzicht auf Fleisch, Fisch und Eier. Es ist falsch zu denken, dass man einfach durch eine vegetarische Ernährung die Verletzung von Naturgesetzen vermeiden kann. Pflanzen leben auch. Daher erfüllt eine wirklich karmafreie Mahlzeit die Anforderungen des Körpers durch eine gesunde pflanzliche Ernährung und bietet gleichzeitig auch Nahrung für die Seele, die in der Anerkennung unserer Abhängigkeit von Gott und Mutter Erde besteht.
Verwurzelt in der hinduistischen Tradition hat die spirituelle Dimension von reinem Vegetarismus eine Bedeutung für Menschen aller Glaubensrichtungen. Einfach ausgedrückt: Bevor wir essen, sollten wir die Nahrung Gott in Dankbarkeit opfern. Nur dann wird die Nahrung rein, karmafrei und auch spirituell nahrhaft. Die Hindus nennen solches Essen «Prasadam» oder die «Gnade Gottes».

Offensichtlich respektiert FFL die lokalen Vorlieben und Traditionen, indem ihr Bananenbrot in Texas und Reis in Sri Lanka anbietet. Wer trifft die Entscheidung über die Speisenauswahl?

Unsere Helfer vor Ort machen das. Sie kennen sich am besten aus. Wir bereiten unsere Mahlzeiten immer entsprechend dem lokalen Geschmack zu.

Wer ist für die Beschaffung der Zutaten verantwortlich?

Dies wird normalerweise von unserem lokalen Koordinator erledigt. Im Fall vom Tsunami jedoch war unser örtliches Personal nicht sehr erfahren mit einer Essenausgabe von derart grossem Ausmass, weswegen wir die Einreise erfahrener Köche aus Polen, Russland, Indien, Südafrika, USA, Griechenland und England organisierten.

Importiert FFL die benötigten Zutaten und Ausrüstungsgegenstände oder kauft ihr alles vor Ort?

Wir besorgen immer alle Zutaten und alles Gerät vor Ort. Normalerweise kaufen wir auf lokalen Märkten ein oder erhalten auch Spenden direkt vom Roten Kreuz und vom Militär, mit denen wir oft in Katastrophensituation koordinieren. Ich erinnere daran, dass in vielen Ländern Projekte von uns laufen und dass wir daher meistens nicht sehr weit weg sind von der jeweiligen Katastrophe.

Ich denke, dass FFL hauptsächlich gekochte Mahlzeiten serviert. Würdet ihr auch erwägen, kalte Speisen anzubieten, die vielleicht einfacher zubereitet und verteilt werden könnten?

Wir reichen frisches Obst und Salate, wenn dies möglich ist. Tatsächlich bestand alles Essen, das wir bei der Hilfe nach dem Hurrikan Katarina in den USA servierten, aus organischen Produkten, wovon ein Grossteil frische Früchte waren, die uns eine Organisation mit dem Namen Fruit Tree Planting Foundation (www.ftpf.org) geliefert hatte. Im Allgemeinen ziehen wir es aber vor, gekochtes Essen anzubieten, da es sicherer ist und weniger gefährdet durch Verunreinigungen.

Wie viele Mahlzeiten verteilt FFL durchschnittlich?

FFL-Projekte überall auf der Welt geben durchschnittlich so ungefähr 180.000 Mahlzeiten täglich aus. Das sind mehr als vier Mahlzeiten zu jeder Sekunde des Tages! Wir schätzen, dass FFL in den letzten 30 Jahren mindestens 150 Millionen kostenlose Mahlzeiten Bedürftigen serviert hat.

Es ist offensichtlich, dass Wohltätigkeitsarbeit in der Organisation gut organisiert ist. Wie funktioniert das Alarmsystem?

Na ja, wir bemühen uns um Einfachheit: wenig Bürokratie. Wenn eine Katastrophe eintritt, reagieren unsere lokalen Teams sofort mit den Möglichkeiten, die ihnen zur Verfügung stehen. FFL wird dann alarmiert, und wir mobilisieren die benötigte finanzielle und ehrenamtliche Unterstützung. Das Hauptbüro von FFL, unsere Homepage und FFL-Rundschreiben dienen als zentrale Koordinationsmittel.

Und wie aktiviert ihr eure Helfer so kurzfristig?

Durch das Internet, über ISKCON2-Tempel und die Rundbriefe der ehrenamtlichen Helfer.

In wie vielen Ländern konntet ihr bisher schon helfen?

FFL ist zurzeit in über 50 Ländern aktiv. Für die Tsunami-Hilfe hatten wir Teams in Sri Lanka, Indien und Malaysia.

Was sind die Hauptprobleme, mit denen sich FFL auseinandersetzen muss?

Mangel an finanziellen Möglichkeiten und die Infrastruktur der Katastrophenhilfe. Wenn ernste Notlagen auftreten, müssen wir oft alles von null an aufbauen. Wir besitzen keine LKWs, Boote, Hubschrauber, Kommunikationssysteme und bewegliche Küchen wie die anderen viel grösseren Wohlfahrtsorganisationen. FFL ist eine Graswurzel-Organisation. Das hat Vor- und Nachteile. Unsere verhältnismässig einfache Struktur macht uns flexibel und schnell und unsere Arbeit auch unglaublich kosteneffektiv. Durchschnittlich kostete eine typische FFL-Mahlzeit nur 15 Cents (ca. 20 Rappen), und sogar während einer Katastrophe ist sie nicht teurer als 25 Cents (ca. 33 Rappen). So können wir viele Menschen für wenig Geld ernähren. Eines der Ziele von FFL im nächsten Jahr wird sein, mobile Notküchen anzuschaffen – grosse LKWs mit Koch- und Lagermöglichkeiten, die ständig einsatzbereit gehalten werden für schnelle Hilfe an allen Orten der Erde.

Wie wird FFL von den nationalen/lokalen Behörden aufgenommen?

Wir werden durchaus respektiert von Hilfsorganisationen und ganz besonders von Vegetarier- und Tierrechtsorganisationen, jedoch wissen leider die meisten Menschen nichts über unsere Arbeit. Allerdings gibt es Regionen, in denen FFL schon sehr bekannt ist. Zum Beispiel ist unser weltgrösstes Projekt in Indien und wird «Akshaya patra» genannt, das bedeutet buchstäblich «grenzenloser Topf». Das Programm wurde vom indischen Präsidenten eröffnet und erhält kontinuierliche finanzielle Unterstützung von der indischen Regierung (www.akshayapatra.org). Das Projekt serviert bedürftigen Schulkindern 90000 Mittagessen jeden Tag in 300 Schulen um Bangalore. Es ist eine Tatsache, dass FFL Hilfe braucht bei der Sensibilisierung hinsichtlich derartiger Projekte, und deswegen bin ich froh über die Gelegenheit, heute mit dir sprechen zu können.

Wie schafft FFL es, in schwierigen Situationen die Hygieneanforderungen zu erfüllen?

Dies kann schon eine Herausforderung darstellen im Rahmen der Katastrophenhilfe, aber es ist nicht unmöglich. Im Chaos ist es selbstverständlich, dass man einfach sein Möglichstes tut unter den gegebenen Umständen. Aber FFL erfüllt immer strikte Hygienestandards, denn es ist eine Grundlage unseres Glaubens, dass Nahrung pur zubereitet werden muss, damit sie wirklich karmafrei ist. Vielleicht interessiert es dich zu hören, dass unsere Köche davon absehen, das Essen bei der Zubereitung zu kosten. Wir versuchen immer, die Reinheit des Essens zu erhalten.

Wie ist die Beziehung zwischen der Hare-Krishna-Bewegung (ISKCON) und FFL? Wer entscheidet?

FFL wurde von Hare-Krishna-Mönchen in Indien im Jahre 1974 gegründet, als sie den Opfern der Überschwemmungen in Bengalen halfen. Seit der Zeit hat das Programm sich in verschiedenen Formen über die ganze Welt verbreitet, einschliesslich Suppenküchen, mobiler Essenausteilung, Lieferungen an Asyle und Schulen, Schulen für arme Kinder, Umweltprojekte, Schutz von Kühen, Waisenhäuser, Unterbringung und sogar freier medizinischer Versorgung. FFL wird von Freiwilligen vieler Glaubensrichtungen organisiert und betrieben, einschliesslich der Mitglieder von ISKCON. FFL ist nicht religionsgebunden und jeder kann sich beteiligen. Die Wohltätigkeitsorganisation FFL ist getrennt von ISKCON registriert.

Ist es Anhängern anderer Religionen und Gemeinschaften erlaubt, sich an der FFL-Arbeit zu beteiligen?

Ja, jeder ist willkommen, der unsere Grundbedingung, dass die Nahrung karmafrei sein muss, respektiert. Und natürlich hat FFL auch noch viele andere Hilfsaufgaben ausser der Ausgabe von Mahlzeiten. Vor nicht allzu langer Zeit arbeitete ein christlicher Freiwilliger als Kunsterzieher mit den Kindern in unserem Waisenhaus in Sri Lanka.

Können interessierte Einzelpersonen mit FFL-Teams arbeiten? Was sind die Bedingungen?

Wer daran interessiert ist, kann sich online eintragen unter www.ffl.org. Interessenten müssen auch unser Handbuch für Freiwillige lesen und ein vertragliches Abkommen mit FFL unterschreiben.

Wie finanziert FFL die laufenden Aktivitäten?

Alle FFL-Projekte sind unabhängig registriert und gesondert finanziert von lokalen Personen, Organisationen und manchmal durch offizielle Spenden. FFL Global, das internationale Hauptquartier, empfängt den Grossteil der finanziellen Unterstützung durch Online-Spenden. FFL Global ist die «Stimme» für FFL-Projekte, das Unterstützungssystem für Management und Beratung, die politische und die Standardautorität für Programme, die Werbezentrale, der Katastrophen-Koordinator und, wenn möglich, der Geldgeber für kleinere Projekte und Katastrophenhilfe.

Welche Art von Unterstützung wünscht sich FFL von der Öffentlichkeit?

Danke für diese Frage! FFL befindet sich gerade mitten in einer wichtigen Phase der Erweiterung und Verbesserung von Dienstleistungen. Einer der Wege, die wir ebnen möchten, ist die Möglichkeit, Zweigstellen in anderen Ländern zu eröffnen für die Sensibilisierung, Bereitstellung finanzieller Mittel und für die Koordination von Katastrophenhilfe. Dafür brauchen wir Freiwillige und Geld. Eine andere Möglichkeit zur Hilfe ist, unsere segensreichen Einsätze bekannt zu machen und dafür zu werben.
Die meisten der FFL-Helfer sind Freiwillige. Unsere Leute leisten hervorragende Arbeit überall in der Welt, jedoch gibt es immer den Bedarf, noch mehr zu tun. Bei all dem brauchen wir Unterstützung.
Der Slogan von FFL ist «Die Welt durch Nahrung vereinen». Wir sind überzeugt, dass Nahrung alle Sprachen spricht und dass wir durch die starke Verbreitung von karmafreien Mahlzeiten und durch Information über die Vorteile einer pflanzlichen Ernährung die Welt vom Hunger befreien und positives Bewusstsein für eine bessere Welt fördern können. Solange es Schlachthäuser und industrielle Tierzucht gibt, werden wir nie Frieden in der Welt haben. Bevor Menschen bereit sind, einen schlichteren Geschmack aufzugeben, müssen sie erst einen höher entwickelten kennen gelernt haben. Unsere Methode, positive Änderung zu initiieren, besteht also darin, Menschen praktische Erfahrung zu geben. Alle sind eingeladen, dabei mitzuhelfen.

Meine letzte Frage ist persönlicher Natur. Bei all deiner Arbeit für FFL, deiner eigenen Firma und den Verpflichtungen in der Familie – wie schaffst du es, so ein unglaubliches Arbeitspensum zu bewältigen?

Ja, es ist ein Wunder. Ein Segen. Ich weiss eigentlich auch nicht, wie ich das schaffe. Aber so bin ich immer gewesen – ich habe immer vieles gleichzeitig erledigt. Sogar wenn ich koche, mache ich mehreres gleichzeitig. Die Leute wundern sich immer, wenn ich in aller Seelenruhe 8 bis 10 Gerichte auf einmal koche. Aber ich muss schon zugeben, dass ich tatsächlich einen sehr langen Arbeitstag habe. Meine Frau Rupal unterstützt mich auch sehr.

  1. FFLWikipedia
  2. ISKCON: Die Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein (ISKCON, Kurzform von International Society for Krishna Consciousness), im Westen besser bekannt als Hare-Krishna-Bewegung, wurde 1966 gegründet. Sie will das Krishna-Bewusstsein in den westlichen Ländern verbreiten und gehört zur Brahma-Madhva-Gaudiya-Sampradaya, auch als Gaudiya-Vaishnava-Glaubensschule bekannt. Sie wird verschiedentlich als sogenannte Neue Religiöse Bewegung eingestuft, die sich in den siebziger Jahren unter den Hippies auch in Europa ausbreitete. Zentrale Glaubensaussagen: Es gibt einen Gott. Dieser Gott ist persönlich und hat unendlich viele Namen und Erweiterungen. Sein vertrautester Name ist „Krishna“; in Chaitanya zeigt sich Krishna als vollkommener Diener Gottes. Die Lebewesen sind winzige Bestandteile Gottes. Ihre eigentliche Bestimmung ist es, ihre Liebe und individuelle Beziehung zu Gott wiederzuerwecken. Um dies zu erreichen, versuchen die Gläubigen, Krishna in der Meditation über den Klang seiner Namen zu begegnen. Damit diese Meditation ihre volle Kraft entfalten kann, wird empfohlen, bestimmte Reinheitsgebote zu befolgen, insbesondere: Enthaltung von Fleischkonsum, Alkohol, Glücksspiel und Sexualität (außer in der Ehe und ausschließlich zur Zeugung von Kindern). Wikipedia
Weitere Infos
Ihnen gefällt, was Sie sehen?

Jetzt unterstützen

Spenden
Mitglied werden
Jetzt den Tierschutz unterstützen