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10.02.2025 | Lubomir

In der Welt der Ernährungstechnologie gibt es immer wieder Innovationen – doch nur selten eine, die so tiefgreifend unser Verständnis von Fleisch, Ethik und Nachhaltigkeit verändert wie kultiviertes Fleisch. Am 21. Januar 2025 wurde mit dem C-Label von Swissveg das weltweit erste unabhängige Zertifizierungssystem für zellbasierte Produkte vorgestellt. Eine Premiere, die nicht nur Tierfreunde, sondern auch Umwelt- und Gesundheitsbewusste aufhorchen lässt.

Warum ist das C-Label ein Meilenstein? Weil es eine Brücke zwischen ethischen Werten und technologischer Innovation schlägt. Es ermöglicht Menschen, Fleisch zu geniessen, ohne Tiere zu töten oder die Umwelt massiv zu belasten. Die Botschaft dahinter: Fortschritt kann tierfreundlich sein.

Kultiviertes Fleisch – eine echte Alternative?

Beispiel wie eine Packung kultiviertes Fleisch künftig aussehen könnte.Viele Menschen möchten Tierleid reduzieren, aber nicht auf Fleisch verzichten. Hier kommt kultiviertes Fleisch ins Spiel: Es ist echtes Fleisch, aber ohne Schlachtung. Die Produkte zielen deshalb vor allem auf die Gruppe der Omnivoren ab, die nicht auf Fleisch verzichten wollen. Für alle anderen gibt es längst gute Fleischalternativen, die auch immer besser werden.

Doch was bedeutet «kultiviert»? Statt ein Tier zu töten, werden Zellen entnommen – meist durch eine harmlose Biopsie oder sogar aus abgefallenen Federn oder aus Eiern. Diese Zellen wachsen dann in einem Bioreaktor zu Muskelfasern heran, ohne, dass ein Tier leiden muss. Es ist eine Zukunftsvision, die bereits Realität wird.

Warum braucht es ein eigenes Label?

Das V-Label von Swissveg kennzeichnet seit Jahrzehnten vegetarische und vegane Produkte. Doch wo ordnet sich kultiviertes Fleisch ein? Es ist weder klassisch vegan noch vegetarisch, da es aus tierischen Zellen stammt. Dennoch verkörpert es zentrale Werte der pflanzenbasierten Bewegung: Es rettet Tiere, ist nachhaltiger als konventionelles Fleisch und bietet eine reale Alternative zur Massentierhaltung.

Damit Verbraucher Vertrauen in diese neue Technologie gewinnen, braucht es klare Standards und Transparenz – genau das bietet das C-Label. Es zeigt, dass kultiviertes Fleisch unter strengen ethischen und technologischen Vorgaben hergestellt wird und gibt Orientierung für bewusste Konsumenten.

Strenge Kriterien für eine bessere Zukunft

Wer das C-Label erhalten möchte, muss hohe Standards erfüllen. Dazu gehören:

  • Tierfreie Nährmedien: Für die Herstellung von C-Label-Produkten wird kein tierisches Medium benötigt.
  • Tierschutz: Alle Eingriffe und Verfahren, insbesondere invasive Eingriffe wie Biopsien, müssen nachweislich notwendig, sowie möglichst schmerzlos und stressfrei für die Tiere sein. Im und für den gesamten Beschaffungs- und Herstellungsprozess werden keine Tiere getötet.
  • Frei von gentechnisch veränderten Organismen (GVO): Produkte mit dem C-Label enthalten nach den geltenden Vorschriften keine GVO (GVO können im Prozess verwendet werden, sind aber nicht im Endprodukt enthalten).
  • Antibiotikafrei: C-Label-Produkte benötigen keine Antibiotika im Produktionsprozess und enthalten deshalb auch keine Antibiotika im Endprodukt.
  • Frei von Krankheitserregern: Die kultivierte Komponente von C-Label-Produkten stammt aus einem Produktionsprozess, der frei von Krankheitserregern (wie z.B. Salmonellen, E. coli usw.) ist und ist daher selbst frei von solchen Krankheitserregern.
  • Schwermetall- und plastikfrei: C-Label-Produkte enthalten praktisch keine Schwermetalle oder Kunststoffe.
  • Zellentnahme: Wenn Zellen aus einem lebenden Tier gewonnen werden, muss dies so schmerzlos und stressfrei wie möglich für das Tier geschehen. Es werden so wenige Zellen wie möglich entnommen und jede Entnahme muss gut begründet sein.
  • Verwendung von Zellen: Das C-Label fördert, wo immer es möglich ist, tierfreie Technologien und vermeidet die Notwendigkeit einer ständigen Zellentnahme. Gegenwärtig sind nur immortalisierte Zellen zugelassen, was eine minimale erneute Entnahme garantiert, da diese Zellen nicht altern.

Diese Kriterien garantieren, dass Produkte mit dem C-Label eine nachhaltige, sichere und ethische Wahl sind.

Von der Skepsis zur Akzeptanz

Die grössten Herausforderungen für kultiviertes Fleisch liegen nicht nur in der Technologie, sondern in der Wahrnehmung der Menschen. Viele stehen dem Thema skeptisch gegenüber, nicht zuletzt aus Unwissenheit oder Gewohnheit. Hier will das C-Label Aufklärung leisten und Produzenten zu ethischem Handeln bewegen.

Doch erinnern wir uns: Auch pflanzliche Milchprodukte wurden anfangs belächelt – heute sind Hafermilch, Mandelmilch & Co. fester Bestandteil des Supermarktregals. Ähnlich könnte es bei kultiviertem Fleisch verlaufen.

Das C-Label will diesen Prozess beschleunigen. Es soll Vertrauen schaffen und durch Transparenz zeigen, dass kultiviertes Fleisch eine realistische, ethische Alternative ist – besonders für Menschen, die aus Gewohnheit oder sozialen Gründen nicht auf Fleisch verzichten wollen.

C-Label als Gamechanger für die Lebensmittelindustrie

Der erste zertifizierte Produzent ist Meatly, ein Unternehmen, das sich für nachhaltige und tierfreundliche Fleischalternativen einsetzt. Durch die Zusammenarbeit mit Vorreitern wie Meatly setzt das C-Label ein starkes Zeichen für eine Zukunft, in der Fleischkonsum ohne Tierleid möglich ist.

Langfristig soll das C-Label nicht nur für Fleisch gelten, sondern auch für andere zellbasierte Produkte wie Leder. Die Möglichkeiten sind enorm – und sie könnten die Art, wie wir Lebensmittel produzieren und konsumieren, revolutionieren.

Fazit: Ein echter Wandel beginnt jetzt

Die Massentierhaltung gehört zu den grössten ethischen und ökologischen Problemen unserer Zeit. Viele wissen, dass es eine bessere Lösung geben muss – doch gesellschaftliche Normen und wirtschaftliche Interessen bremsen den Wandel. Kultiviertes Fleisch könnte die Brücke sein, die Menschen hilft, tierfreundlichere Entscheidungen zu treffen, ohne auf ihre Gewohnheiten verzichten zu müssen.

Mit dem C-Label gibt Swissveg diesem Wandel ein Gesicht. Es steht für Transparenz, Ethik und Zukunft. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie schnell sich dieses Erstreben in der breiten Gesellschaft durchsetzen kann.

Wir haben die Vision einer Welt, wo kultiviertes Fleisch ihr herkömmliches und grausames Gegenstück überholt und letztendlich ersetzt, wo man mit Enttäuschung zurück auf eine Zeit sieht, in der Massentierhaltung noch als normal galt. Es ist noch ein weiter Weg, den wir voller Sorgfalt, Ausdauer und Hoffnung beschreiten.

Die Zukunft ist jetzt – und das C-Label ist der nächste Schritt.

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