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Drei Biohöfe ohne Tierhaltung

Swissveg stellt Ihnen zwei Beispiele von innovativen Schweizer Landwirten vor, die, anstatt sich über die immer schlechter werdenden Bedingungen für die Bauern zu beklagen, damit angefangen haben umzudenken und alternative Anbaumethoden zu praktizieren.

«Nur das Beste ist gut genug»

Bevor sich die Familie Moos vor über 20 Jahren für eine tierfreie Landwirtschaft entschied, führte sie einen gutgehenden Milchbetrieb. Aufgrund der Krankheit einer Tochter, die gemäss den Ärzten unheilbar war, beschäftigte sich die Familie intensiv mit der Ernährung. Dabei lernte Frau Moos die vegetarische Ernährung kennen und setzte nun ihr Wissen konsequent auch auf dem Hof um. 1980 versteigerte die Familie dann den gesamten Viehbestand und begann damit, den biologisch-organischen Gemüseanbau zu praktizieren.
Werner Brauchart, der jetzige Inhaber des Biohofs Widacher, erinnert sich an die Anfänge: «Nach der Versteigerung hatte sich sehr viel verändert. Viele Leute grüssten nicht mehr und mieden den Hof. Eigentlich galten wir im Dorf als Spinner. Die Markterfahrungen waren aber genau das Gegenteil: Die Leute ermunterten uns weiterzumachen und waren begeistert von dem biologischen Gemüse.» Bei der Umstellung vom konventionellen auf den tierfreien Anbau trafen sie hingegen auf erstaunlich wenig Schwierigkeiten. «Lediglich am Anfang gab es fast keine andere Alternative, als Mist für die Kulturen zu verwenden. Seit ca. 10 Jahren gibt es aber die ersten pflanzlichen Dünger und wir haben seitdem nur mehr pflanzliche Dünger auf unserem Betrieb eingesetzt. Ein wichtiger Bereich ist ausserdem der Kompost. Wir verwerten alle unsere Rüstabfälle und das Pflanzenmaterial auf den Feldern und machen so einen guten Kompost für unsere Böden und Pflanzen. Grossen Wert legen wir auf eine ausgewogene Fruchtfolge. Die Bodenbearbeitung ist auch ein bedeutender Faktor, damit der Boden gesund bleibt.»

[Markstand in Luzern] 

Diese Anbaumethode scheint sich zu bewähren. «Über 50 verschiedene Gemüsearten – und das sind weit über 100 verschiedene Gemüsesorten, z.B. Pastinaken, Kürbisse, Federkohl –, aber auch unterschiedliche Sprossen werden auf unserem Hof angepflanzt. Wenn man das Zusammenspiel von Boden, Pflanzen und Bodenlebewesen kennt und nach den Naturgesetzen handelt, so kann ich von mir aus sagen, dass die vegane Bewirtschaftung sicher das Beste für Boden, Pflanzen und Umwelt ist.» Werner Brauchart ist heute mehr als zufrieden mit dem damaligen Entscheid seiner Schwiegereltern. «Einerseits haben wir einen gutgehenden Biogemüsebetrieb und können mehr als 10 Menschen eine sinnvolle Arbeit geben und andererseits leisten wir einen wertvollen Beitrag an unsere Umwelt. Durch die vegane Bewirtschaftung können wir anderen Menschen zeigen, dass diese Art der Produktion sehr wohl möglich ist.»

Die Produkte sind direkt ab Hof erhältlich, über einen Lieferservice in der Umgebung oder am Wochenmarkt in Luzern. Unter anderem gibt es einige Salate und Sprossen auch in der Migros Zentralschweiz.

(Biohof Widacher, L. und W. Brauchart-Moos, 6102 Malters, www.biohofwidacher.ch)

Biohof in Bern

Seit bald fünf Jahren bewirtschaftet Ursula Reinhard ihren Biohof in Bolligen ohne Tiere. «Einfach weil mir der Pflanzenanbau näher liegt», begründet sie ihre Entscheidung. An den Kursen von Dr. Hans Müller, dem geistigen Vater der Schweizer Bewegung für organisch-biologischen Landbau, lernte sie ausserdem viel über eine natürliche Anbauweise. «Kurz nach der Umstellung reagierten aber trotzdem viele Kunden enttäuscht, weil sie die herzigen Tierli auf dem Hof vermissten», erinnert sich Reinhard. Am schwierigsten für sie war das totale Umdenken weg von gewohnten Verhaltensmustern. Sie musste lernen, «die Pflanze vor den Pflug zu spannen», wie sie es ausdrückt. «Dabei muss man vor allem auf eine sorgfältigere Bodenbearbeitung achten. Also nur leichte Maschinenverwenden, um damit die gute Bodenstruktur erhalten zu können.» Neben 40 verschiedenen Gemüsesorten baut sie auch Blumen, Kräuter, Früchte und Getreide an. Fast ohne tierischen Dünger. «Ich habe deshalb nicht weniger ertragreiche Ernten als früher. Das Wichtigste ist eine optimale Fruchtfolge, sehr gute Erfahrungen haben wir dabei mit mindestens zwei Jahren Kleegrasmischung gemacht, die mit ihren Knöllchenbakterien viel Stickstoff in den Boden bringt.» Trotz der vielen Arbeit empfindet die alleinerziehende Mutter die tierfreie Bewirtschaftung ihres Hofs als Erleichterung. Jeweils von Januar bis März macht sie Ferien und konnte in diesem Jahr auch für einige Tage zum Ausspannen nach Zypern verreisen. «Mit Kühen im Stall wäre das kaum zu machen gewesen. Es hat sich wirklich gelohnt, auf die Tierhaltung zu verzichten. Ich bin damit viel freier geworden im Umgang mit der Zeit.» Ursula Reinhard ist davon überzeugt: «Es hat zu viele Tiere in der Landwirtschaft, das ist zum Teil eine grosse Umweltbelastung.»

Die Produkte sind direkt ab Hof erhältlich oder von März bis Dezember jeweils am Mittwochmorgen am Marktstand in Bolligen.

(Ursula Reinhard, Biologischer Landbau, 3065 Bolligen, Tel.: 031 932 10 04, 
www.biofarm.ch/produzenten/produzent.jsp?ID_Display=10001D)

Erfolge durch friedfertigen Anbau in Deutschland

Einen vorbildlichen Betrieb in Sachen Umwelt und Tierschutz unterhält die Gabriele-Stiftung in Marktheidenfeld (ca. 120 km von Stuttgart entfernt). 
Auf dem Gelände der Stiftung fallen einem zuerst einmal die Hecken auf, so weit das Auge reicht, dazwischen Wiesen, Felder und Bauminseln, kleine Teiche und Feuchtbiotope sowie Waldstücke und Steinbiotope. Am Rande des Südspessarts, unweit von Würzburg, wurde in wenigen Jahren ein Biotopverbund beachtlichen Ausmasses angelegt, der unzähligen, auch vom Aussterben bedrohten Tieren Lebensraum bietet.

[Urrinder und Schafe der Gabriele Stiftung]

Innerhalb dieses Biotopverbunds – übrigens das grösste privat angelegte Biotopverbundsystem Deutschlands – befinden sich auch Felder, die im Friedfertigen Landbau, in Dreifelderwirtschaft ohne Gift und ohne Mist und Gülle, bewirtschaftet werden. 

Feldhasen haben sich wieder angesiedelt, Rehe finden im Wald ihre Rückzugsgebiete, die Wachtel und das Rebhuhn sind Dauergäste, und in den bisher über 15 km langen angelegten Baum- und Benjes-Hecken finden Igel, Feldhamster, Füchse und allerlei Vogelarten Schutz und Nahrung. Grosse Flächen mit Jungwald wurden angelegt – und überall laden Nistkästen, Futterplätze und Tränken Vögel zum Wohnen ein. 
Die Gabriele-Stiftung versteht sich als Werk der Wiedergutmachung und ist zugleich Beispiel dafür,dass ein friedvolles Miteinander von Menschen, Tieren und der Natur möglich ist.

(Gabriele-Stiftung, Max-Braun-Strasse 2, D-97828 Marktheidenfeld, www.gabriele-stiftung.de)

Bernadette Raschle

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