Die Tierhaltung ist für das Klima schlimmer als der gesamte Verkehr! 2006 hat sich erstmals eine UN-Organisation mit den ökologischen Folgen der Fleischproduktion befasst. Heraus kam ein über 400-seitiges Dokument, das die verheerenden globalen Auswirkungen der Fleischproduktion auf die Umwelt aufzeigt.
Die Welternährungsorganisation FAO der Vereinten Nationen (UNO) ist bekannt dafür, den Fleischkonsum weltweit zu fördern.1 Offenbar kann jedoch selbst diese Organisation bei ihrer Tätigkeit die gravierenden Auswirkungen der globalen Fleischproduktion auf die Umwelt nicht mehr übersehen. Eine Studie der FAO widmet sich deshalb den ökologischen Folgen der Fleischproduktion.
Sie befasst sich mit folgenden Themenbereichen:
- Landverbrauch und -veränderung durch die Viehhaltung
- Einfluss der Nutztiere auf die Klimaveränderung und Luftverschmutzung
- Die Rolle der Nutztiere bei der weltweiten Wasserknappheit und Wasserverschmutzung
- Der Einfluss der Nutztiere auf die Biodiversität (Artenvielfalt)
- Politische Veränderungen und Möglichkeiten
Die meisten Fakten dieser Studie sind schon längst bekannt und in der mehrseitigen Swissveg-Schrift «Ökologische Folgen des Fleischkonsums» behandelt. Deshalb hier nur ein kurzer Überblick über die in der Schrift ausgelassenen Besonderheiten.
- 70% des abgeholzten Amazonaswaldes werden für Viehweiden verwendet und der Futtermittelanbau belegt einen Grossteil der restlichen 30%.
- Die Viehwirtschaft ist heute die Hauptursache für die Waldrodung im Amazonas.
- Die FAO erwartet, dass sich die globale Fleisch- und Milchproduktion in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts noch verdoppeln wird.
- Der Einfluss der Nutztiere auf die Klimaerwärmung ist höher als der des weltweiten Verkehrs.
- 68% des weltweiten Ammoniumausstosses gehen zulasten der Viehwirtschaft. Dies fördert den sauren Regen.
- Die Nutztiere verbrauchen rund 8% des globalen Trinkwassers und gehören damit zu den grössten Wasserverbrauchern. Zum Vergleich: Der direkte menschliche Verbrauch (Trinkwasser, Duschen, Industrie etc.) kommt auf rund 1%.
- 70% des weltweiten Landwirtschaftslandes werden für die Viehhaltung verwendet.
- 33% (= 471 Mio. Hektaren) des weltweit kultivierten Landes werden für Futtermittelanbau benutzt.
- 26% (= 3433 Mio. Hektaren) der Oberfläche des Planeten (ohne Wasser- und Eisflächen) werden als Weideflächen für die Nutztiere eingesetzt.
Lösungsansätze
«Es ist offensichtlich, dass die Verantwortung für die nötigen Reaktionen auf die Umweltschäden durch die Viehhaltung weit über diesen Wirtschaftszweig und die ganze Landwirtschaft hinausgehen.»
Samuel Jutzi, Direktor der Abteilung für Tierproduktion und Gesundheit der FAO
In der Einleitung zur Studie, Seite iv
Besonders interessant ist natürlich, was die FAO in ihrem Bericht als Lösung für diese gravierenden Probleme vorschlägt. Da die FAO bisher immer wieder dafür gesorgt hat, dass in Entwicklungsländern mehr Fleisch konsumiert wird, wäre es ein bewunderungswürdiges Eingeständnis, wenn sie dies nun als Fehler anerkennt. Doch die FAO bleibt gefangen in ihrer Hauptstossrichtung: Möglichst günstige tierische Nahrungsmittel allen Menschen zur Verfügung zu stellen.
Bei der Begründung, weshalb tierische Nahrung so wichtig sei, bezieht sich die FAO auf nur ein Experiment, das mit mangelernährten kenianischen Kindern durchgeführt und von der Fleischindustrie finanziert wurde (siehe dazu: Pressemeldung der EVU 2005).
Am Ende der Studie fragt die FAO, warum diesen enormen Auswirkungen der Nutztierhaltung auf die Umwelt kaum Beachtung geschenkt wird und beantwortet sich diese Frage selbst:
«Die Öffentlichkeit hat ein nicht angemessenes Wissen über den Umfang des Problems. Vermutlich trifft dies sogar auf die Mehrheit der Umweltaktivisten und Entscheidungsträger zu, dass auch sie den wahren enormen Auswirkungen der Viehwirtschaft auf das Klima, Biodiversität und Wasser nicht die angemessene Beachtung schenken.» (S. 282)
Die FAO fordert, dass die Preise der Produkte (Futtermittel und tierische Erzeugnisse) auch die Kosten der Umweltzerstörung beinhalten sollten. Obwohl ein zerstörter Regenwald auch mit noch so viel Geld nicht mehr wiederhergestellt werden kann, ist dieser Ansatz ein wichtiger Schritt in Richtung Förderung pflanzlicher Nahrungsmittel. Tierische Produkte würden so viel teurer, dass sich der Konsum auf umweltschonendere, pflanzliche Produkte verlagern würde. Diese Forderung macht die FAO jedoch nur - gemäss eigenen Angaben auf Seite 276 - weil sie annimmt, dass die Menschen bereit sind, den Mehrpreis für tierische Produkte zu bezahlen.
Doch: Damit würde der Konsum tierischer Produkte wieder zu einem Statussymbol und Vorbild für alle ärmeren Bevölkerungsschichten, was einen weiteren Anstieg des Konsums tierischer Produkte fördern würde.
Bleibt zu hoffen, dass sich die Prophezeiung der FAO, dass sich der Fleischkonsum bis 2050 verdoppeln wird, nicht erfüllt, auch wenn die FAO weiter den Fleischkonsum fördert und so tut, als sei diese Verdopplung ein Naturgesetz, gegen welches nichts unternommen werden könne.
Aktion von Swissveg
Auch die Schweiz hat einen weltweit gesehen relativ hohen Fleischkonsum und trägt damit zu den oben genannten Problemen aktiv bei. Swissveg hatte deshalb Mitte Januar 2006 allen National-, Stände- und Bundesräten die Dokumente dieser FAO-Studie zukommen lassen. Es gab erstaunlich viele positive Reaktionen. Interessant war, dass kein einziger Politiker antwortete, dass die Studie bereits bekannt sei. Für all jene, die antworteten, war diese Studie unbekannt.
Natürlich gab es auch negative Rückmeldungen. Diese kamen fast ausschliesslich von Parlamentariern welche im landwirtschaftlichen Sektor tätig sind (ausschliesslich in der Schweinemast und Rinderhaltung). Diese sehr emotionalen, negativen Antworten hatten aber kaum Bezug zu den verschickten Informationen und liessen erkennen, dass diese Politiker gar nicht gewillt waren, solche Studienresultate auch nur eines Blickes zu würdigen.
Quelle: Livestock's Long Shadow, FAO 2006.
1 Zu den vielfältigen Aktionen, welche die FAO realisiert, gehört die Förderung der Produktion tierischer Nahrumngsmittel grundsätzlich und unhinterfragt dazu: http://www.fao.org/in-action/en/