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«Wir wollen dem veganen Bedürfnis gerecht werden»

2500 Essen bereitet Küchenchef Reto Müller jeden Tag für die Studierenden der Zürcher Uni zu. Seit gut einem Jahr gibt es auch eine vegane Option. Swissveg-Mitglied Scharka Cernochova hat mit Reto Müller über die Freuden und Herausforderungen einer veganen Grossküche gesprochen.

Herr Müller, Sie sind Küchenchef in der Mensa der Universität Irchel. Waren Sie überrascht, als vor gut einem Jahr das vegane Vegi-Menü eingeführt wurde?

Nein, überhaupt nicht. Dieser Entscheid wurde damit begründet, dass vegane Ernährung ein Trend ist und wir diesem Bedürfnis gerecht werden wollen. Ich habe mich gefreut, das näher anzuschauen und mich mit dieser Ernährungsform auseinanderzusetzen.

Reto Müller

So eine Änderung zieht ja be­stimmt einen längeren Rattenschwanz nach sich.

Natürlich nimmt eine solche Änderung Einfluss auf die Prozesse und Abläufe. Wir mussten Rezepte umschreiben, neue Ideen kreieren und uns neu organisieren. Ein Kartoffelgratin stellte plötzlich eine Herausforderung dar, denn der vegane No-Muh-Käse, auch wenn wir durchaus Lagerungsplatz für eine zusätzliche Käsesorte hätten, ist einfach zu teuer. Wir haben den Kartoffelgratin dann doch vegan probiert, mit Sojamilch, es gab dann aber Vegetarier, die sich etwas Gratiniertes oder Käsiges wünschten. Inzwischen bieten wir deshalb nur noch zwei- bis dreimal die Woche ein veganes Menü an. Veganer können sich jederzeit am grossen Salatbuffet und an der schönen Gemüsestation bedienen. Das Gemüse ist mit Olivenöl angemacht.

Haben Sie Sojamilch neu ins Sortiment aufgenommen?

Wir hatten Sojamilch in kleinen Mengen schon immer für Gäste im Haus, die sie wünschten. Für einen Kartoffelgratin haben wir dann 100 Liter benötigt.

Du liebe Güte. 100 Liter! Woher beziehen Sie die Sojamilch?

Unser Milchproduktelieferant liefert sie mit. Er bezieht sie bei der Soyana, einem Zürcher Unternehmen. Die Herausforderung ist aber, dass wir nur Literpackungen erhalten. Stellen Sie sich vor, wie viel Zeit es benötigt, 100 Tetra Pak zu öffnen. Kuhmilch erhalten wir in 10-Liter-Säcken.

Und Sie machen den Kartoffelgratin trotzdem?

Ja, selbstverständlich. In einer Grossküche gehört ein enger Zeitplan dazu. Wir bereiten 2500 Essen vor für die Universität, für drei Schulen, das Tierspital und den Botanischen Garten. Wir beginnen die Arbeit um 6 Uhr, bis um 9 Uhr müssen genau definierte Arbeitsgänge beendet sein, damit sichergestellt ist, dass unsere Studentinnen und Studenten ihr Essen rechtzeitig erhalten.

Und wenn‘s nicht reicht bis 9 Uhr, ein Lieferant zu spät ist oder jemand nicht zur Arbeit erscheint?

Unsere Mitarbeitenden und Lieferanten sind sehr zuverlässig. Die Arbeitsabläufe sind definiert und funktionieren reibungslos.

Das stelle ich mir sehr anspruchsvoll vor. Sie produzieren ja auch sehr günstig, oder?

Ein Gericht kostet die Studentinnen und Studenten Fr. 5.40. Somit können wir nicht mehr als Fr. 3.50 oder Fr. 3.80 pro Gericht ausgeben. Obwohl ich auf die Fleischqualität achte, kann ich Fleisch günstiger beziehen als Tofu und Seitan. Von Milch ist nicht die Rede.

Gibt es vegetarische und vegane Gerichte, die auch von den Fleischessern gewählt werden? Haben Sie eine Lasagne schon vegan angeboten?

Es gibt viele Flexitarier. Lasagne bieten wir vegetarisch an, die ist bei allen beliebt. Der Anteil an Fleischgerichten, die wir verkaufen, liegt bei ungefähr 50%. Die übrigen Gäste wählen das Pastagericht – welches vegetarisch, vegan oder fleischhaltig sein kann – oder das Vegi-Menü/vegane Menü. Wir haben es auch mit Linsen- und Kichererbseneintöpfen probiert, die sind aber nicht sehr beliebt, auch nicht bei den Vegetariern.

Von wem wird die Mensa der Universität Irchel betrieben?

Alle Mensen der Universität Zürich werden seit über 100 Jahren von den ZFV-Unternehmungen betrieben. Der ZFV ist ein traditionsreiches Schweizer Unternehmen mit den Schwerpunkten Hotellerie, Gastronomie und Bäckerei-Konditorei. Es wurde 1894 gegründet, unterhält 153 Betriebe und beschäftigt 2588 Mitarbeitende.

Ich habe in der Campus-Zeitung der Universität Zürich einen Artikel über Foodwaste von Ihnen gesehen. Sie sind ja unglaublich kreativ darin, Abfälle zu vermeiden, und scheuen keinen Aufwand.

Ja, wenn beispielsweise die Köche konsequent nach Rezept arbeiten, hilft das, Lebensmittel einzusparen. Wir rüsten sparsam, Gemüse wird wenn möglich gleich mit Schale verwendet. Die Menge wird eher knapp kalkuliert und bei grösserer Nachfrage kochen wir nach. Was sonst im Biomüll landen würde, verarbeiten wir zu Brühe und Gewürzmischungen. Warum Halme der Petersilie oder Spargelschalen wegwerfen? Die Mitarbeiterinnen an der Theke sind angehalten, die Gäste nach der gewünschten Portionengrösse zu fragen. Viel Abfall entsteht nämlich, indem nicht aufgegessen wird.

Herr Müller, ich bedanke mich sehr herzlich für diesen Blick hinter die Kulissen. Das war sehr spannend und lehrreich.


Scharka Cernochova

2015-4
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