Praktisch alle Menschen lieben das Leben. Ohne Kontakt mit anderen Lebewesen wäre ein erfülltes Leben undenkbar. In der freien Natur bietet sich aber kaum noch die Gelegenheit, mit Tieren in Kontakt zu kommen. Weshalb?
Ersatzbefriedigungen
Um das Bedürfnis der Nähe zu den Tieren trotz der Angst der Wildtiere vor uns Menschen zu erfüllen, werden Haustiere gehalten: In jedem vierten Haushalt der Schweiz lebt eine Katze. Nebst diesen 1,35 Millionen Katzen werden auch rund eine halbe Million Hunde gehalten.
Das Bedürfnis nach Gemeinschaft ist sehr gross. Da der Kontakt mit Tieren heute in freier Natur nicht mehr möglich ist, ist man dazu übergegangen, Tiere einzusperren (Zootiere, Nutztiere, Haustiere).
Doch all dies kann nur ein Ersatz für eine freie, friedvolle Begegnung mit einem Tier sein.
Weshalb Wildtiere wild sind
Wann haben Sie das letzte Mal Kontakt mit einem Reh gehabt? Nein, damit ist nicht der Rehpfeffer auf dem Teller gemeint, sondern ein lebendiges, gesundes Reh in Freiheit.
Gibt es ein Kind, das nicht lieber ein Reh streicheln statt aufessen würde? Weshalb erlauben wir es den Kindern dann nicht?
Nein, es liegt nicht daran, dass die Rehe von Natur aus viel zu scheu sind und sich deshalb von den Menschen fernhalten und sich im Wald verstecken.
Ist das Reh ein Waldtier?
Rehe und Hirsche verstecken sich vor den Menschen im Wald. Doch nicht, weil sie dies freiwillig tun, sondern weil sie von uns dazu gezwungen werden. Rehe sind Weidetiere, genauso wie unsere Kühe. Der dichte Wald ist also nicht ihre natürliche Umgebung.
Todesstrafe für Mutige
Der Grund für das scheue Verhalten der Rehe (und Hirsche etc.) liegt darin, dass die Mutigen, welche es wagen, sich den Menschen zu zeigen, erschossen werden.
Wir Menschen nennen dies «Jagd», manche sprechen sogar von «Hege und Pflege». Erschiessen als Pflege? Die Umgangssprache hat sich vieles einfallen lassen, um die Wahrheit nicht sehen zu müssen: das Töten von gesunden, friedlichen Tieren.
Jagd als Schutz des Waldes?
Ein wesentliches Argument für die Jagd ist der Schutz des Waldes: Wenn es zu viel Wild im Wald gibt, wird die Nahrung knapp und die Tiere müssen die Rinde von den Bäumen fressen, um nicht zu verhungern.
Die Jäger verdrängen also die Tiere in den schützenden Wald und behaupten gleichzeitig, den Wald dann vor den Tieren zu schützen, indem sie jedes Jahr viele der Tiere im Wald erschiessen.
Ja, mit Logik hat die heutige Jagd kaum noch etwas zu tun.
Früher war man da noch ehrlicher: Es ging um Status und Macht über Leben und Tod, wenn Adlige zur Jagd aufbrachen. Zudem diente sie noch der Ernährung.
Heute versteckt man sich hinter Worten wie Naturschutz, Tradition, Hege usw.
Jäger als Wolfersatz?
Viele Jäger vergleichen sich mit Wölfen. Nachdem sie es geschafft haben, alle fleischfressenden Grosstiere fast auszurotten, sehen sie ihr Werk als Rechtfertigung, um weiterzujagen. Auch hier haben sie also künstlich eine Situation geschaffen, die ihnen als Argument dient, weiter Tiere zu töten. Doch selbst dieses Argument wird von der Wissenschaft immer mehr infrage gestellt: Bei Wildschweinen und Füchsen weiss man heute bereits, dass deren Vermehrung direkt mit der Jagd zusammenhängt: Je mehr gejagt wird, desto stärker vermehren sich diese Tiere, weil durch die Jagd die natürlichen Gruppenverbände auseinandergerissen werden.
Im Gegensatz zum Wolf erschiessen Jäger auch völlig gesunde, vitale Tiere. Oft sogar die Leittiere einer Gruppe, da diese die schönsten Trophäen ergeben.
Mitgeschöpfe oder Nahrungsmittel?
Zur Ernährung ist kein Jäger auf das Fleisch der Wildtiere angewiesen. Dennoch werden Rehe, Hirsche und andere frei lebenden Tiere vielfach nur als Nahrungsmittel betrachtet.
Wie weit muss jemand den Kontakt zur Natur schon verloren haben, um so zu denken? Kein Kind würde je auf die Idee kommen, ein Reh zu töten (und darauf sind dessen Eltern meist auch stolz). Als Erwachsene sieht man dies aber plötzlich als «notwendiges Übel» an, ohne es zu hinterfragen.
Wir hätten heute die Wahl: Wollen wir in einer Welt leben, in der Mensch und Tier harmonisch miteinander zusammenleben, oder wollen wir weiter aneinander vorbeileben, obwohl wir wissen, dass wir aufeinander angewiesen sind?
Diesen Entscheid fällen wir auch jedes Mal, wenn wir Fleisch einkaufen. Nicht nur, aber auch, wenn das Fleisch als «Wild» angeschrieben ist.
- Weitere Artikel zur Jagd auf dieser Homepage: Jagd
- Jagdstatistik Schweiz
- The Moral Call of the Wild, ScientificAmerican, 1.12.2009
- Verein Wildtierschutz Schweiz
- Prägende Schüsse: Die Jagd verändert die charakterliche Veranlagung von Hirschen, 5.9.2012, Bild der Wissenschaft
- Buch-Tipp: Von der Jagd und den Jägern. Bruder Tier und sein Recht zu leben, 2006, Autor ist ein Biologe und Ex-Jäger.
- Aktionsbündnis Fuchs: Beginn der Zeckenzeit: Füchse als Verbündete im Kampf gegen die Borreliose!